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Lein und Hanf
Lein und Hanf sind alte Kulturpflanzen, deren robuste Fasern sich zu festen Stoffen und Stricken, aber auch feineren Geweben verarbeiten lassen. Baumwolle und Kunstfaser haben Anbau und Nutzung dieser Pflanzen praktisch zum Verschwinden gebracht.
Leinanbau im Ultental In Südtirol wird Lein ‘Hoor‘ genannt. Diese Aufnahme (links) stammt aus dem Jahr 1999. Faserlein gedeiht in kühleren Gebieten mit hoher Luftfeuchtigkeit besonders gut. Lein ist in seiner Jugendentwicklung sehr empfindlich gegen Unkräuter und muss zwei- bis dreimal gejätet werden. Im Südtiroler Pustertal bauten 1910 noch 3150 Betriebe Lein an, 1966 waren es nur noch 50.
Brechen des Hanfes in Tavanasa (Graubünden) Hanf- und Leinanbau waren mit vielen Arbeitsschritten verbunden. Hanf und Lein wurden gerauft (aus der Erde gezogen), um möglichst lange Fasern zu erhalten. Anschliessend trennte man beim Lein die Kapseln mit der Riffel ab. Die zu Garben gebundenen Stängel legte man in eine Wassergrube, wo der Bast durch die so genannte Wasserröste mürbe wurde. Nach der Röste breitete man die Flachsstängel auf dem Rasen aus. Der Wechsel von Feuchtigkeit und Sonne (Tauröste) führte zur goldgelben Farbe der Fasern. Der nächste Arbeitsschritt war beim Hanf das Schleissen der Stängel. Dabei wurde der grobe Bast von Hand entfernt und die Fasern freigelegt. Der Brechstuhl erleichterte die Arbeit bei der weiteren Reinigung der Fasern. Schliesslich wurden mit der Hechel die gröberen Fasern von den feineren getrennt.
Lein – auch Flachs genannt – und Hanf haben einige Gemeinsamkeiten. Beide sind Zweinutzungspflanzen, die kraftvollen Fasern und nahrhaftes Öl liefern. Lein ist eine zierliche Pflanze, die weiss oder himmelblau blüht. Hanf ist robuster. Er bildet einen starken über 2 m hohen Stängel und fällt durch seine typischen, gefingerten Blätter auf. Der Drogenhanf ist deutlich kürzer und stark verzweigt. Hanf ist mit Hopfen verwandt. Hanfsamen und das aus ihnen gepresste Öl enthalten keine Drogenwirkstoffe. Lebensmittel aus Hanfsamen und Hanföl erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das Öl besitzt einen ungewöhnlich hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren (ca. 90%), die für die menschliche Ernährung wichtig sind. Es enthält die seltene Gamma – Linolensäure (2 - 4%), die unter anderem zur Behandlung von Neurodermitis und Arteriosklerose eingesetzt wird. Das Eiweiss des Hanfsamens enthält alle für den menschlichen Stoffwechsel benötigten (essentiellen) Aminosäuren.
Abb. 1: ‘Frauenhanf‘ und ‘Männerhanf‘ Aus der Froschperspektive sind die starken, faserhaltigen Stängel der Hanfpflanzen besonders imposant. Im traditionellen Anbau wurde Hanf zweimal geerntet. Jede Hanfpflanze ist männlich oder weiblich. Die kurzlebigen zarteren männlichen Pflanzen wurden bald nach dem Abblühen ausgerauft. Sie lieferten die feineren Fasern. Die kräftigen, grobstängeligen weiblichen Pflanzen wurden ein paar Wochen später, nach der Samenreife, geerntet.
Abb. 2: Hanftuch Dieses Hanftuch stammt aus dem Ultental.