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Sicherheit durch Sortenvielfalt
Die Erhaltung der Vielfalt der Kulturpflanzen hat höchste Priorität. In Graubünden hat man leider nur Gersten- und Weizensorten gesammelt. Zum Glück sind viele Kulturpflanzen in Nord- und Südtirol gerettet.
Der Genbankdirektor Gert Kleijer ist in Changins am Genfersee zuständig für die Erhaltung von Tausenden Pflanzenmustern. Fachkundig gelagert, behalten die Proben mindestens 10 Jahre ihre Keimfähigkeit. Die Genbank, untergebracht in der 'Station fédérale de recherches agronomiques' ist das Rückgrat für die Erhaltung der ein- und zweijährigen schweizerischen Kulturpflanzen. In Innsbruck in der Abteilung landwirtschaftliches Versuchswesen befindet sich die Genbank für die Erhaltung der österreichischen und norditalienischen alpinen Kulturpflanzen.
Die Sortenvielfalt und die Vielfalt innerhalb einer Sorte bedeuteten früher für den Landwirt eine gewisse Erntesicherheit. Der Landwirt kann von seinem Roggen auch in trockenen Jahren noch einen, wenn auch bescheidenen Ertrag erwarten, wenn es für den Weizen schon zu trocken ist. Der Anbau von Roggen und Weizen auf dem gleichen Feld war früher üblich. Der Bartweizen, ein begrannter Weizen, kann mit Hilfe seiner Grannen in trockenen Jahren mehr Kornsubstanz bilden als ein unbegrannter Weizen. In Jahren mit günstiger Witterung erhöhen die unbegrannten weissen Formen zusätzlich den Ertrag. Die Erhaltung der Sortenvielfalt war anfänglich vor allem eine Art Versicherung, wie ein Zitat aus dem schweizerischen Reglement für Massnahmen zur Erhaltung gefährdeter Landsorten vom 23. Nov.1935 belegt: „Trotzdem die alten Landsorten von Getreide, Hülsenfrüchten, Öl- und Gespinstpflanzen etc. zum grössten Teil aus wirtschaftlichen Erwägungen verdrängt worden sind, kommt denselben vom Standpunkt der Pflanzenzüchtung (Immunit szüchtung) so grosse Bedeutung zu, dass es geboten ist, das vorhandene Material in geeigneter Weise zu erhalten.“ Wir brauchen auch heute die Vielfalt der alten Sorten. Die fortschreitende Umstellung der konventionellen, Chemie betonten Landwirtschaft auf die biologische Landwirtschaft hat Folgen für die Züchtung. Sorten, die sich eignen für die biologische Landwirtschaft, brauchen Fähigkeiten (z.B. genügend Wüchsigkeit) die wir nur bei den Landsorten finden und vergeblich bei den modernen Sorten suchen. Heute muss man die Bedeutung der Landsorten für die Züchtung für die biologische Landwirtschaft betonen und vielleicht morgen ihre Bedeutung für die Nahrungsqualität. Zukünftige Entwicklungen und Bedürfnisse kann man nicht voraussehen. Es ist schon deswegen geboten unseren Nachfahren die Kulturpflanzen unserer Vorfahren zu erhalten.
Abb. 1: Die Äcker zeigten früher eine bunte Mischung verschiedenster Typen. Die Vielfalt erhöhte die Ertragssicherheit. (Landwirtschaftliches Versuchswesen Innsbruck). In Österreich erwachte das Interesse für die Landsorten schon in den Zwanziger Jahren.
Abb. 2: Zur Erhaltung einer Bündner Rispenhirse hat man von 1936-1961 jedes Jahr Anbauverträge abgeschlossen. Jetzt ist sie leider ausgestorben. (Archiv Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau (FAL), Zürich-Reckenholz)
Abb. 3: Für die Haferlandsorten des schweizerischen Berggebietes kam die Rettungsaktion zu spät.
(Protokoll schweizerischer Sammler vom 14./15. August 1935,Archiv FAL)