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Weizen, die goldene Mitte
Weizen liebt Wärme und fruchtbare, Wasser speichernde Böden.
Engadiner Landsorte unter Engadiner Himmel. Je mehr Licht eine Pflanze in ihrer Jugendphase bekommt, desto differenzierter bildet sie ihre Gestalt aus.
Berggetreide wächst später heran als Getreide im Unterland, die Tagen sind länger und den Pflanzen steht mehr Licht während der Jugendphase zur Verfügung. Pflanzen reagieren extrem schnell auf Änderungen der Lichtverhältnisse. Sie leben ja mit und von dem Licht. Sie verdichten das Licht mit Hilfe von Kohlensäure zu Kohlehydraten, diese bilden das Grundgerüst des Pflanzenkörpers. Auch die Qualität des seitlich einfallenden Lichtes beeinflusst die Art und Weise wie Pflanzen wachsen. Kommt mehr blaues Licht von der Seite, reagieren die Pflanzen mit gesteigertem Wachstum der oberirdischen Teile, fällt mehr orangenes Licht ein, dann fördern sie ihre unterirdischen Teile.
Bekannt ist auch die Reaktion der Pflanzen auf die Tageslänge. Je mehr Licht eine Getreidepflanze in der Jugendphase empfängt, desto schneller bildet sie Blüten aus, desto schneller differenziert sie sich.
Der Weizen ist Selbstbefruchter. Deswegen sind seine Staubbeutel viel kleiner und enthalten weniger Blütenstaub als beim Roggen. Der Züchter kann durch rechtzeitige Entfernung der Staubbeutel eine Selbstbefruchtung verhindern und mit fremdem Blütenstaub eine Fremdbefruchtung herbeiführen. Die erste Nachkommen- schaft der Kreuzung sieht sehr einheitlich aus und ist in der Regel extrem wüchsig. In der zweiten Nachkommenschaft gibt es plötzlich eine riesige Vielfalt verschiedenster Typen. Die meisten neuen Formen sind unbrauchbar und sehen zum Teil recht wüst aus, nur einige eignen sich für eine Auslese.
Weizen ist das Getreide der goldenen Mitte. Er hält die Waage zwischen dem, den Halm betonenden Roggen und der sich in der Grannenbildung auslebenden Gerste. Braucht man für den Roggen eine kräftige Verdauung, so kann man Gerstenschleim gar als Krankenkost einsetzen. Der Weizen hat eine längere Vegetationszeit und somit ist sein Anbau in höheren Lagen nicht so sicher. Weizen verwendete man bei besonders feierlichen Anlässen. Heute ist aus dem ehemaligen Festgebäck das alltägliche Brot geworden und das früher alltägliche Getreide, die Gerste, ist zum Futtergetreide verkommen.
Abb.1: Binkelweizen, eine typische Getreideform aus dem Berggebiet Den Binkel- oder Zwergweizen kennt man auch von Funden in den prähistorischen Pfahlbausiedlungen. Im Berggebiet hat er sich über Jahrtausende halten können.
Abb.2: Reifende Ähre einer lockerährigen Landsorte von Sur En (Engadin) Weizen wurde relativ wenig angebaut im Berggebiet. Die Hauptgetreidearten waren Roggen (das wichtigste Brotgetreide) und Gerste. Gerste wurde hauptsächlich gekocht gegessen.
Abb.3: Emmer war in prähistorischen Zeiten heimisch im Berggebiet Bewunderungswürdig ist die klare, rhythmische Gestalt der Ähre (Landsorte aus Baselland). Der Emmer ist als Spezialität wieder entdeckt. Er ist sehr aromatisch und somit leicht verdaulich.