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Landesethikkomitee stellt Empfehlung zum Umgang mit Patientenverfügungen vor
LPA - Orientierung zu Fragen, die sich bei Entscheidungen am Lebensende stellen, bietet eine vom Landesethikkomitee erarbeitete Broschüre. Der Präsident des Landesethikkomitees Herbert Heidegger hat die "Empfehlung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen in Südtirol: Therapiezieländerung bei schwerkranken Patientinnen und Patienten und Umgang mit Patientenverfügungen" heute (17. Juni) vorgestellt.
"Diese praktische Handreichung für Fachleute", unterstreicht dazu Landesrat Richard Theiner, "ist ein weiterer Schritt zum konkreten Umgang mit den häufigen Unsicherheiten und großen Fragen am Ende eines Lebens. Die Broschüre ist ein großer Gewinn und Ausdruck dafür, dass nicht auf ein Gesetz aus Rom gewartet, sondern von der Basis in Eigeninitiative in die Praxis Umsetzbares vermittelt wird."
Um sicher zu stellen, dass sich Behandlungsentscheidungen am Lebensende an den Wünschen der betroffenen Patienten orientieren, hat eine Arbeitsgruppe des Landesethikkomitees eine Empfehlung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sanitätsbetrieb und in den Seniorenwohnheimen erarbeitet. Sie soll ihnen einen Weg weisen, wie bei schwerstkranken Patienten ethisch gut begründete Entscheidungen getroffen werden können; sie ergänzt die Broschüre zur Patientenverfügung und bietet Hilfestellung etwa bei folgenden Fragen: Wie lange sollen lebenserhaltende Therapien fortgesetzt werden? Wie kann eine stellvertretende Entscheidung getroffen werden, wenn die Patienten sich nicht mehr selbst äußern können? Wie können vorliegende Patientenverfügungen dabei angemessen berücksichtigt werden? Was tun, wenn ein Konflikt zwischen Wohl und Wille des Patienten besteht? Ganz zentral sind dabei die Gespräche innerhalb des Teams und mit dem Patienten bzw. seinen Angehörigen. In besonders schwierigen Fällen kann über die Ethikberatungsgruppen in den vier Gesundheitsbezirken eine ethische Fallbesprechung zur Unterstützung einberufen werden.
Erfahrungen aus anderen Ländern, insbesondere den USA, zeigen, dass die Berücksichtigung von Patientenwünschen am Lebensende nicht allein durch das Ausfüllen eines Formulars gelingt. Der Erstellung einer Patientenverfügung geht meist keine kompetente medizinische Beratung voraus, die Verfügungen sind häufig ungenau und wenig aussagekräftig formuliert, sie sind im akuten Krankheitsfall oft nicht auffindbar und werden, wenn sie doch verfügbar sind, häufig bei medizinischen Entscheidungen nicht genügend berücksichtigt. Neue Wege sind erforderlich: Die Patientenverfügung muss ein Element in einem umfassenderen Prozess der gesundheitlichen Vorausplanung werden, in dem der Betroffene wiederholte Gespräche mit seinen Angehörigen führt und von einer medizinisch kompetenten Person beraten wird. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die Vorausverfügungen im Notfall verfügbar sind und von den zuständigen Ärztinnen und Ärzten auch entsprechend berücksichtigt werden.
Auch in Südtirol muss die Patientenverfügung zu einem festen Bestandteil im medizinisch-pflegerischen Versorgungssystem werden. Pflegepersonal, Hausärztinnen und Hausärzte, Altersheime, behandelnde Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus usw. sind dabei einzubinden. Entscheidend ist dabei die Patientenorientierung: Wünsche und Interessen der Patienten stehen im Mittelpunkt der Gespräche und Beratungen. Dies kann den Umgang mit Patienten über die Vorausplanung hinaus verändern. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Landesethikkomitees arbeitet seit 2009 an der Umsetzung dieses Konzeptes. In der Arbeitsgruppe sind Vertreter des Landesethikkomitees, des Sanitätsbetriebs, der Ärztekammer, der Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin, des Verbands der Seniorenwohnheime in Südtirol, der Caritas Hospizgemeinschaft.
Das Konzept der gesundheitlichen Vorausplanung in Südtirol umfasst Beratungsangebote für Bürgerinnen und Bürger zur Patientenverfügung, die Schulung des Gesundheitspersonals im Gesundheitswesen und in Seniorenwohnheimen in der gesundheitlichen Vorausplanung, eine Broschüre zur Patientenverfügung mit Hintergrundinformationen und konkreten Formulierungsvorschlägen, die heute vorgestellte „Empfehlung zur Therapiezieländerung bei schwerkranken Patientinnen und Patienten und Umgang mit Patientenverfügungen", sowie Initiativen zur Verbesserung der Auffindbarkeit der Patientenverfügungen. Südtirol spielt mit diesem Konzept, das in Gesundheits- und Sozialwesen bereits weit umgesetzt ist, eine Vorreiterrolle in Italien und in ganz Europa.
Diese Leitlinie wird von Sanitätsbetrieb, Ärztekammer und Verband der Seniorenheime Südtirols als Entscheidungsgrundlage und Entscheidungshilfe anerkannt und mitgetragen. Diese gemeinsame Anerkennung macht die "Empfehlungen" zu einem Vorläufermodell, das bereits in benachbarten Provinzen Beachtung gefunden hat.
Die "Empfehlung" kann unter folgenden Adressen heruntergeladen werden:
http://www.provinz.bz.it/gesundheitswesen/komitees/patientenverfuegung.asp
http://www.provinz.bz.it/gesundheitswesen/komitees/2488.asp
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