Ankauf von Vor- und Nachlässen
Zur Sammlung und Erhaltung von künstlerischem Kulturgut Südtirols hat das Amt für Kultur im Rahmen des Landeskulturgesetzes die Möglichkeit, Vor- und Nachlässe bedeutender Südtiroler Autorinnen und Autoren anzukaufen. Ziel ist es, den Verbleib wichtiger und wertvoller Werke im Lande zu sichern und der Forschung zugänglich zu machen.
In Vergangenheit wurden mehrere Sammlungen angekauft.
Vorlass Siegfried Höllrigl
Der literarisch-künstlerische Vorlass
des Meraner Schriftstellers, Kunstdruckers und Verlegers Siegfried Höllrigl umfasst vor allem das Archiv der „Offizin S.“ und wurde 2020 vom Land Südtirol angekauft.
Dieses von Siegfried Höllrigl angelegte Archiv besteht aus 300 Arbeitsmappen und enthält sowohl seine literarischen Arbeiten und Handschriften, Druckproben, Zeichnungen, Typoskripte – mit und ohne handschriftlichen Korrekturen – als auch Briefe bedeutender deutschsprachiger Autorinnen und Autoren sowie Buchgestaltern. Darüber hinaus finden sich darin das fotografische Archiv Höllrigls, Belegexemplare seiner typografischen Produktion, Gedichtplakate und weitere Dokumente, die seine Kontakte in die Literaturwelt dokumentieren. Für die wissenschaftlichen Bearbeitung, Archivierung und Erhaltung des literarisch-buchkünstlerischen Vorlasses wurde das Archiv im Jahr 2022 dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv an der Universität Innsbruck übergeben.
Siegfried Höllrigl ist 1943 in Meran geboren und hat nach der Schriftsetzerlehre als Maschinensetzer und Korrektor gearbeitet und die Reifeprüfung am Kunstlyzeum in Verona abgelegt. 1980 war er Gründungsmitglied der Südtiroler Autorenvereinigung. 1985 gründete er in Bozen seine Werkstatt für Literatur, Typographie und Graphik und nahm 1993 die Handdruckerei „Offizin S.“ in Meran in Betrieb. Seit 1987 druckt er mit Handpressen und gibt bibliophile Editionen heraus. In der „Offizin S.“, die im Laufe der Zeit internationales Ansehen erwarb, wird vorwiegend zeitgenössische Lyrik in deutscher Sprache in bibliophiler Ausstattung gedruckt, darunter Werke von Sarah Kirsch, Friederike Mayröcker, Kurt Drawert, Klaus Merz, Margarete Hannsmann, Joseph Zoderer. Seit 2007 erscheint regelmäßig eine Lyrikreihe, in der u. a. Sabine Gruber, Semier Insayif, Hans Raimund und Gerhard Ruiss vertreten sind.
Nachlass Gerhard Kofler
Der literarische Nachlass
von Gerhard Kofler wurde 2014 vom Land Südtirol angekauft. Gerhard Kofler hat ein außergewöhnliches Werk, zahlreiche Korrespondenzen und eine aufschlussreiche Sammlung hinterlassen, die nicht nur den eigenen Werdegang dokumentiert, sondern Streiflichter auf den österreichischen Literaturbetrieb zwischen 1969 und 2005 wirft. Seine literarische Biografie ist untrennbar verbunden mit der Emanzipation der jungen Südtiroler Literatur und der konsequenten Zweisprachigkeit seiner eigenen literarischen Produktion. "Er wurde aber auch als Literaturfunktionär und Publizist bekannt, wie ihn die deutschsprachige Literatur typischerweise vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren hervorgebracht hat", schätzt Jürgen Thaler vom Vorarlberger Landesinstitut seine historische Position ein. Koflers Archiv wurde im Sommer 2014 von seiner Witwe Hannelore Kofler und Vertretern des Landes Südtirol dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck zur Verwahrung und Erschließung übergeben.
Gerhard Kofler, 1949 in Bozen geboren, war als mehrsprachiger Dichter, literarischer Übersetzer, Literaturvermittler und Literaturredakteur sowie als Generalsekretär der Grazer Autorenversammlung in Wien, wo er 2005 starb. Er ist eine der bedeutendsten lyrischen Stimmen Südtirols und weit darüber hinaus. Er verfasste zahlreiche Gedichte und Essays zur Literatur in deutscher und italienischer Sprache, mitunter auch in Südtiroler oder Neapolitaner Mundart, die in zwölf Sprachen übersetzt wurden. Kofler machte sich auch als Übersetzer von Gedichten, beispielsweise von H.C. Artmann, Gerald Bisinger, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und Gerhard Rühm ins Italienische einen Namen. Aus dem Italienischen übersetzte Kofler unter anderen Umberto Saba, Aldo Palazzeschi und Domenico Starnone.
Weitere Informationen zum Nachlass finden Sie unter www.uibk.ac.at/brenner-archiv/bestaende/koflergerhard.html (Externer Link).
Vorlass Markus Vallazza
Skizzenbücher zum Zyklus „Die göttlichen Komödie“
Neun Skizzenbücher zu Dante Alighieris „La divina Commedia“ wurden 2012 als konsistenter Teilvorlass des umfangreichen künstlerischen Werks von Markus Vallazza angekauft. Die bildhafte Umsetzung der Divina Commedia, die 1993 bis 2000 entstand, gilt als Vallazzas Hauptwerk, mit dem er selbst aus einer Schaffenskrise herausgefunden hat. Dabei beschäftigte er sich mit Dantes metaphysischem Kosmos - Hölle, Fegefeuer, Paradies - und ließ Sünder, Liebende, falsche Päpste und Despoten in einem Labyrinth von Geschichten auftreten. Die spannendsten Illustrationen sind dem ersten Teil der Commedia, dem Inferno, gewidmet. Sein gesamtes zeichnerisches Werk besteht aus 31 Skizzenbüchern mit 3739 Bildern, davon 600 ausgefertigte Zeichnungen.
Markus Vallazza, 1936 in St. Ulrich in Gröden geboren, zählte laut Experte und Gutachter Peter Bloch „zu den besten und bedeutendsten Zeichnern der europäischen Gegenwartskunst". Seine Arbeiten finden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen. Sie stellen eine kunsthistorisch wertvolle Dokumentation seines Schaffens dar, da sie Zeugnis für die Entstehung wichtiger Zyklen der unterschiedlichen Schaffensperioden ablegen. Daher ist dieser Sammlung neben der kunsthistorischen Bedeutung auch ein hoher künstlerischer und kunstökonomischer Wert zuzurechnen. Als einziger Südtiroler Künstler ist Markus Vallazza in der Albertina in Wien vertreten, einer der bedeutendsten und größten Sammlungen von Zeichnungen und Grafiken weltweit. Im Laufe der Jahre wurden ihm zahlreiche Ehrungen zuteil: 1990 Cavaliere della Repubblica, 1998 Ehrenzeichen des Landes Tirol, 2010 Walther von der Vogelweide-Preis. Der Maler, Grafiker, Illustrator und Schriftsteller Markus Vallazza ist am 21. April 2019 in Bozen gestorben.
Weitere Informationen unter www.markusvallazza.it (Externer Link)
Vorlass Joseph Zoderer
Der literarische Vorlass
des Südtiroler Autors Joseph Zoderer wurde vom Land Südtirol im Jahr 2007 erworben. Dem Ankauf lag eine Bewertung von Fachleuten der Universität Wien sowie der Stadtbibliothek Berlin zugrunde. Der reichhaltige und kompakte Bestand umfasst Werkmanuskripte, Korrespondenzen, Lebensdokumente und verschiedene Unterlagen zu Zoderers Werk von etwa 1950 bis 2007. Er stellt somit eine einzigartige Quellengrundlage für die Nachzeichnung und Dokumentation der Entwicklung moderner Prosa-Literatur von 1975 bis 2007 dar, die nicht nur für Südtirol, sondern für den gesamten Literaturkreis Österreichs, der Schweiz und (Süd)deutschlands sowie Norditaliens von großer Bedeutung ist. Das Zoderer-Archiv wurde zur wissenschaftlichen Forschung und Nutzung dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck übergeben.
Joseph Zoderer, 1935 in Meran geboren, gilt als der bedeutendste lebende Vertreter der deutschsprachigen Literatur Südtirols. Als Autor ist er auch weit über Südtirol hinaus bekannt. Seine Werke wurden in zahlreiche Fremdsprachen übersetzt, auf den Bestenlisten platziert und durch zahlreiche Preise ausgezeichnet. Die Romane „Das Glück beim Händewaschen“ und „Die Walsche“ wurden erfolgreich für das Fernsehen verfilmt, „Die Walsche“ ebenso erfolgreich als Theaterstück adaptiert. Zoderers literarisches Werk umfasst Prosa (Romane, Erzählungen) sowie Lyrik. Bislang wurden insgesamt drei Erzählbände, fünf Gedichtbände und neun Romane veröffentlicht. Außerdem erschien 1996 das Kinderbuch „Als Anja dem Christkind entgegenging“ mit Illustrationen von Linda Wolfsgruber. Charakteristisch für das umfangreiche Prosawerk sind die Parallelen zu seiner Biographie, vor allem die Themen Nachkriegszeit, Fremde, Südtirol und Internatsleben. Joseph Zoderer ist am 1. Juni 1922 in Bruneck verstorben.