"Fridolin Thuile. Kurze Ausschnitte eines arbeitsreichen u. väterlichen Lebens"
"Karl Thuile Film Gargazon zeigt:" "Fridolin Thuile. Kurze Ausschnitte eines arbeitsreichen u. väterlichen Lebens" (Kameraführung: Fridolin Thuile, Hans Nock, Karl Thuile, Schnitt & Ton: Karl Thuile)
Dokumentation über Fridolin Thuile (1878-1962), Besitzer und Obsthändler in Gargazon und Plaus, ein Pionier des Südtiroler Obstbaus: Teil 1: biografische Skizze, Familiengeschichte, Geschichte des Obstbaus in Südtirol, Obstbau in Gargazon (Baumgarten- und der Rosengartenhof), Kauf des Hilbhofes in Plaus, Kultivierung und Urbarmachung, Apfelblüte in Plaus, Blütenschau in Gargazon, technische Innovationen (Mechanisierung im Obstbau: Mähmaschine, motorisierten Spritzpumpe, Traktoren); Teil 2: Donnerstagsfahrt nach Plaus (Besuch der Tochter auf dem Schmelchhof in Rabland, Hilbhof in Plaus, Bau einer Beregnungsanlage, Kultivierung eines Berghanges, Neuanpflanzung) Ernte, Wallfahrt nach Maria Weißenstein, 80. Geburtstag, Arbeitseifer selbst bis ins hohe Alter, Blumenliebe, Fridolin Thuile als Großvater, die letzte Fahrt nach Plaus, Begräbnis 1962 in Gargazon; vertont (Sprecher/Musik/z.T. O-Ton).
Teil 1
"Fridolin Thuile, geboren in Lana am 8. Mai 1878 als Sohn des Fridolin und Anna Meister, besuchte dort die Volksschule, und um die Jahrhundertwende absolvierte er die landwirtschaftliche Schule in San Michele. Schon in seiner Jugend erkannte Fridolin Thuile die zukünfitge Bedeutung des Obstbaues, und so begann er alsbald mit der Errichtung einer größeren Baumschule. Mit den so erworbenen finanziellen Mitteln kaufte er das Anwesen der Geschwister der Elena, und übersiedelte 1908 nach Gargazon. Aus diesem Besitze entstanden der Baumgartenhof und der Rosengartenhof.
Zu dieser Zeit machte Fridolin Thuile Bekanntschaft mit Fräulein Rosa Pircher vom Forsthof in Naturns. Am 18. Mai 1916 wurde Hochzeit gehalten. Die glückliche Ehe wurde mit reichem Kindersegen beschenkt. 1926 zählte man schon vier Buben und zwei Mädchen, und etliche Jahre stieg die Zahl auf neun.
Aber nicht nur die Kinderschar, auch das Hofgesinde erhielt einen gewaltigen Zuwuchs. Die Kultivierung des Sumpf- und Augrundes verlangt den Einsatz einer großen Arbeitskraft. Der Lohn dieser harten Arbeit ließ aber nicht lange auf sich warten. Die heranwachsenden Junganlagen gedeihten und alsbald zeigten sie sich in ihrer bunten Blütenpraacht und die ersten Ernteerlöse konnte Herr Thuile für sich verzeichnen.
Fridolin Thuile war aber nicht nur für seinen eigenen Betrieb da. Er stellte auch seinen Mann in der Gemeinschaft. So war er von 1914 bis 1925 Feuerwehrhauptmann und in den schweren Jahren des ersten Weltkrieges bekleidete er das Amt des Gemeindevorstehers. Thuile war ein tiefreligiöser Mann, daher war er auch die treibende Kraft beim Ausbau der neuen Kirche und dessen Turm.
Die Jahre vergingen. Die Kinder wuchsen heran und bedurften vonseiten der Eltern noch die größere Aufmerksamkeit. Vater Thuile aber fand trotz seiner großen Arbeit immer die Zeit für ein gepflegtes Familienleben.
1933, als die Kultivierungsmöglichkeiten in Gargazon dem Ende entgegengingen, besorgte sich der immertätige Mann ein weiteres, schwieriges Arbeitsfeld. Gemeinsam mit seinem Bruder Peter erwarb er den Hilbhof in Naturns. Wieder begann die Arbeit von vorne. Die Urbarmachung dieses Bodens bereitete unvorhergesehene Schwierigkeiten. Aber Schwierigkeiten und Hindernisse waren für Herr Thuile da, um überwunden zu werden. Obwohl die Kultivierung dieses schwierigen Bodens mit harter Handarbeit verrichtet werden konnten, ging es auch hier ziemlich schnell voran. Und der Fleiß und die Ausdauer des unermüdlichen Pioniers wurden belohnt. Die Sümpfe und Auen waren alsbald in ein blühenden Obstgarten verwandelt.
Der Betrieb in Gargazon war nun inzwischen auf dem Höhepunkt seiner Produktivität angelangt. Im Frühling, ein einziges Blütenmeer, im Herbst, ein wahres Früchteparadies. Jedes Jahr zur Zeit der Blüte wurden die ganzen Familienmitglieder und Verwandten eingeladen zu einer Blütenschau eingeladen. Man ging dann gemeinsam durch die Obstanlagen und bewunderte die herrliche Blüte. Das war für Herr Thuile immer ein großer Tag.
Nun kam die Zeit, wo Vater Thuile seinen Söhnen die Leitung des Betriebes anvertraute. Es nahm alles seinen guten Fortgang, denn er überwachte die Arbeit der Söhne mit größter Sorgfalt, immer und überall stand er ihnen zur Seite, wo es seines guten Rates bedurfte.
Herr Thuile war immer schon aufgescshlossen für alle technische Neuerungen. 1928 zum Beispiel besaß er schon ein Auto, das erste Auto in Gargazon. 1935 erregte wiederum in Gargazon der Ankauf einer motorisierten Spritzpumpe großes Aufsehen. Auch mit der Einrichtung einer Mähmaschine stand der Betrieb Thuile alleine da. Dann kam die Zeit der Traktoren. Wieder war Thuile der Erste, der das Zugvieh mit dem Traktor vertauschte. Zuerst waren es nur umgebaute Personenwagen, später aber ersetzte man sie mit fabriksneue Schlepper. Selbst zum Ankauf eines Schnellspritzgerätes war Herr Thuile noch in seinem hohen Alter der größte Befürwrter bei seinen Söhnen."
Teil 2
"Der Donnerstag war für Herr Thuile der schönste Tag der Woche. Jahraus, jahrein fuhr er an diesem Tag auf den Hilbhof nach Plaus. Da gab es dann viel zu tun. Schon auf der Fahrt bis dahin gab es mehrere Haltestellten. In Meran zum Beispiel wurden immer die nötigen Einkäufe der Woche gemacht. Dann besuchte er jedes Mal seine Tochter Resi auf dem Schmelchhof, wo er sich dann für ein Weilchen verhalten ließ.
Auf dem Hilbhof angekommen, wurde ein kleiner Imbiss eingenommen. Dann machte man noch schnell am Vormittag einen Gang durch die Obstwiesen. Nach dem Mittagessen war dann meistens eine längere Aussprache, wobei Vater Thuile die Zeit hatte, seine Pfeife des öfteren zu stopfen. Dann brach man auf zu einem großen Rundgang durch Hof, um die zu verrichtenden Arbeiten an Ort und Stelle zu besichtigen. Da war für Herr Thuile kein Wetter zu schlecht, kalt oder warm, ob es regnete oder schneite, er marschierte den ganzen Tag so, dass diejenigen, die dabei ihn begleiteten, ihm kaum Schritt halten konnten.
Großes Interesse zeigte Fridolin Thuile für die Beregung. So wurde schon im Jahre 1953, als die ersten Beregnungsanlagen zur Frostabwehr in Südtirol erstellt wurden, auf seiner Fürsprache eine derartige Anlage auf dem Hilbhof erbaut.
Die Erschließung des Berghanges zur Kultivierung wurde auf seinen Vorschlag hin getätigt. Der Einsatz moderner Baggermaschinen zur Planierung dieses steinigen Gebietes war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Anplanzung von Jungbäumen
Das größte Augenmerk aber schenkte Herr Thuile immer wieder der Anpflanzung von Jungbäumen. Noch in seinem hohen Alter spornte er immer wieder seine Söhne an zur Errichtung eigner Baumschulen.
Was ihn zu diesem Eifer trieb, erzählte er uns selbst einmal anlässlich eines Rundfunkinterviews: 'Im Laufe unserer Sendung fiel mehrmals der Name Fridolin Thuile, im Zusammenhang mit der Pionierarbeit, die hier geleistet wurde, um aus einem unfruchtbaren Gebiet ein Ackerland, ein Obstland werden zu lassen. Wir sind erfreut, unserern Hörern mitteilen zu können, dass Herr Fridolin Thuile senior heute Abend hier in unserer Mitte weilt. Doch bevor wir ihn selbst zu Worte kommen lassen wollen wir ihn kurz von Herrn Guido Christofollini vorstellen lassen.' 'Herr Fridolin Thuile, den wir vorhin erwähnten, ist heute wie immer in unserer Mitte. Der Kultivierungsabschnitt in Gargazon um das Jahr 1940, der weite Blick in die Zukunft dieses Mannes und sein Schaffensdrang veranlasste ihn, weiterzublicken, und er suchte sich ein braches Feld, um seinem Schaffungsdrang wieder Genüge leisten zu können, und hat sich in Plaus oben eine eigene Kultivierung, Planung begonnen, und auch als sein Werk fertiggebracht.' 'Und nun wenden wir uns an Herrn Fridolin Thuile senior persönlich: Herr Thuile, Sie haben doch den Obstbau hier, wenigstens in größerem Ausmaß, persönlich eingeleitet, nicht wahr?' 'Ja.' 'Und in welchem Jahr war das?' '1908 kam ich von Lana nach Gargazon.' '1908, und haben dann hier begonnen, das Gebiet urbar zu machen.' 'Ja.' 'Welche Veranlassung hat Sie dazu bewegt, aus früherem Ackerland oder was hier eben wuchs Obstland werden zu lassen?' Wie sind sie auf diese Idee gekommen?' 'Ich hab halt eine große Freude gehabt, zu kultuvieren und urbar zu machen. Dann habe ich halt Obst angepflanzt. Ich bin halt vom Grundsatz ausgegangen: Die kleinste Anpflanzung eines Baums, pflege fein, das muss so sein.' 'Und mussten damals gewiss gegen Unverständnis noch ankämpfen?' 'Ja, das ist immer so, wer anfängt, muss etwas erleiden.'
Das große Wissen und Können in den obstbaulichen Pflegemaßnahmen, welches Herr Thuile besaß, kam jedes Jahr im Herbst in der Qualität der Früchte am besten zum Ausdruck. Gesundes, färbiges Obst war Lohn der jährlichen Arbeit. Mit großer Genugtuung ging er dann durch die vollbehangenen Anlagen und überwachte die Erntearbeiten.
Mannhaft und in gläubiger Ergebenheit ertrug Herr Thuile alle Schicksalschläge und Anfeindungen. 1946, nach dem Zeiten Weltkrieg, starb sein Sohn Rudolf, und 1957 ging ihm seine treubesorgte Gattin in die Ewigkeit voraus. Herr Thuile aber fand Trost in seinen Leiden. Beim täglichen Kirchenbesuch und an der Kommunionbank erbetete er den Segen und die Kraft für sich und seine Familie. Ganz groß geschrieben stand bei Vater Thuile die jährliche Wallfahrt nach Maria Weißenstein. Sämtliche Familienmitglieder mussten sich dabei beteiligen. Dabei marschierte er selbst voraus und betete laut den Rosenkranz vor.
8. Mai 1958 feierte Fridolin Thuile im Kreise seiner Kinder und Verwandten seinen 80. Geburtstag. Es war ein schönes Fest. Besonders rührend waren die vielen Gratulationsgedichte, welche von den Enkelkindern dem Jubilar vorgetragen wurden.
Eines hat Herr Thuile in seinem Leben nicht erlernt, und zwar das Nichtstun. Auch in seinem Alter konnte er nicht müßig sein, seine Arbeitsbedürftigkeit ließ ihn einfach nie zur Ruhe kommen. Fand der im Garten oder im Feld einmal keine Arbeit, so machte er sich daran, rund um das Haus seine gewohnten Aufräumungsarbeiten zu verrichten, die dann stundenlang oder sogar tagelang andauerten.
Herr Thuile und Frau Thuile waren große Blumenfreude. Beide scheuten die große Arbeit nicht, den Rosengarten, den sie besaßen, aufs Beste zu pflegen, und ihr blumengeschmücktes Haus war immer ihr großer Stolz. Später ging er sogar bei seinen Söhnen und Schwiegersöhnen von Garten zu Garten, pflanzte und pflegte Blumen und Sträucher.
Sehr beliebt war Vater Thuile bei seinen Enkelkindern. Alle kannten den Opapa mit Brille und Schnurrbart. Alle wussten von den schönen Geschichten, die er erzählen konnte, und alle freuten sich, wenn er zu ihnen kam, denn niemals hatte Opa leere Taschen.
Obwohl Herr Thuile sich noch nicht ganz von der Blinddarm-Operation, welcher er sich plötzlich im Frühjahr 1961 unterziehen lassen musste, erholt hatte, ließ er sich nicht davon abhalten, seine gewohnte Donnerstagsfahrt nach Plaus wieder aufzunehmen. So ging auch diesmal die Fahrt nicht direkt zum Hilbhof, sondern wie gewohnt zuerst zum Schmelchhof, wo es dann immer zur Stärkung ein Schnapsl gab. Auf dem Hilbhof angekommen, wurden nach einer herzlichen Begrüßung mit Schaffer und Frau, die mitgebrachten Sachen verteilt, denn Herr Thuile kam nie mit leeren Händen. Aber dann schnell noch in den Obstwiesenn Nein, diesmal ging es nicht mehr so schnell, die Beine schafften es nicht mehr. Das war für Herr Thuile die letzte Fahrt nach Plaus.
Am 24. Januar 1962 schloss Herr Thuile für immer seine Augen. Nach einem Schlaganfall, von welchem er sich nicht mehr erholen konnte, verschied er im Kreise seinr Kinder. Somit erlosch ein Leben harter Arbeit, reich an Versuchen und Erfolgen, durchkämpft mit Willenskraft, Ausdauer und Gottvertrauen, gewürzt durch goldenen Humor und gekrönt durch ein gelungenes Werk.
Wie sehr man Herr Thuile schätzte, bewies die große Beteiligung an seinem Begräbnis. Wer hätte sich nicht verpflichtet gefühlt, bei der Beerdigung dieses Mannes anwesend zu sein, der bei keinem Begräbnis im Dorf fehlte. Alle Schichten der Bevölkerung unseres Landes waren in den Reihen der Trauergäste zu finden. Aus Berg und Tal, aus Stadt und Land, selbst aus dem Ausland, kamen Menschen, um von ihm Abschied zu nehmen. Die Freiwillige Feuerwehr musste sogar Aushilfe aus den Nachbardörfern herbeiholen, um die für den Herrn Thuile gespendeten Kränze zu tragen. Auch die Musikkapelle des Ortes begleitete ihren eifrigen Förderer auf seinem letzten Gan durch sein liebes Gargazon. 47 Welt- und Ordenspriester gingen seinem Sarge voran. Viele von ihnen wussten um die Freigiebigkeit dieses Gönners.
Nun ruht Fridolin Thuile im kleinen Friedhof von Gargazon. Mit ihm ist einer der mächtigsten Pioniere des Südtiroler Obstbaues ins Grab gesunken. Und wenn jedes Jahr wieder Frühling wird und das ganze Etschtal in seiner Blütenpracht sich zeigt, dann bringt es uns den Mann in Erinnerung, der mit seiner Vorarbeit gezeigt hat, wie man mit Fleiß und Ausdauer Sümpfe und Auen in fruchtbares Land verwandeln kann. Den Gargazonern aber wird er in Erinnerung bleiben als der Mann, der allen in jeder Hinsicht ein einmaliges Beispiel vorlebte."
- Denominazione oggetto:
- Filmaufnahme
- Numero d'inventario:
- 004553
- Autore:
- Thuile, Karl; Thuile, Fridolin; Nock, Hans
- Collezione:
- ZAV061-Paul Thuile
- Data:
- 1950 - 1962
- Luogo raffigurato:
- Gargazzone, Plaus, Rablá, Santa Maria di Pietralba
- Tecnica:
- filmato (positivo, pellicola normale 8 mm)
- Istituzione:
- Archivio audiovisivo di storia contemporanea
- Dimensioni:
- lunghezza 47 min
- Parola chiave:
- Famiglia, Familienchronik, Storia famigliare, Biografia, Pioniere, Frutticoltura, Obstwirtschaft, Storia, Agricoltura, Kultivierung, Urbarmachung, Neuanpflanzung, Apfelanlage, Beregnung, Bewässerung, Beregnungsanlage, Apfelblüte, Blütenschau, Frühlingsimpressionen, Raccolto, Apfelernte, Technik, Mechanisierung, Motorisierung, Fattoria, Lavoro, Alltagsleben, Pellegrinaggio, Wallfahrtsort, Chiesa, Religione, Glauben, Familienleben, Familienalltag, Geburtstag, Geburtstagsfeier, Bambini, Enkelkinder, Funerali, Funerale, Campo santo
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