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Nachhaltigkeits-Themen im Vinschgau: Verkehr, Landwirtschaft, Wasser
Die Nachhaltigkeits-Tour des Landes Südtirol machte gestern (17. März) in Schlanders halt: Das Publikum stellte 70 Fragen, darunter zu Elektrifizierung der Bahn, Bioregion, Kasernenareal.
Verkehr, Landwirtschaft und Wasserknappheit sowie die Zukunft des Kasernenareals von Schlanders: Das sind die gefühltesten Nachhaltigkeitsthemen im Vinschgau. Zumindest ergaben dies die Fragen des Publikums auf der zweiten Station der Nachhaltigkeits-Tour der Landesregierung am gestrigen Donnerstagabend (17. März) in Schlanders. Per Mobiltelefon hatten die Teilnehmenden der von Sabine Drescher moderierten Informationsveranstaltung "Wir gestalten Zukunft. Gemeinsam" dem Landeshauptmann Arno Kompatscher sowie dem Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Vinschgau und Bürgermeister von Schlanders Dieter Pinggera insgesamt 70 Fragen gestellt. Auch dies ist Teil des Beteiligungsprozesses, mit dem das Land Südtirol seiner Strategie für eine nachhaltige Entwicklung des Landes näher kommen will.
Zunächst blickte der Landeshauptmann auf die drei großen globalen Krisen: "In allen drei Fällen – bei der Klima-, Biodiversitäts- und Ressourcenkrise – ist schon viel zu viel Zeit verloren gegangen." Südtirols Antworten seien: Klimaneutralität wesentlich früher als 2050, Flächenschutz – hier sei Südtirol bei 25 Prozent und somit dem EU-Ziel von 30 Prozent "schon nahe" – und Kreislaufwirtschaft, sprich entlang der gesamten Lieferkette Ressourcen schonen und erhalten.
Publikum mehrheitlich für Zusammenhalt und kulturelle Vielfalt
Bei all diesen Antworten müsse man sich auch offen den Zielkonflikten stellen, forderte der Landeshauptmann: "So darf seit Anfang dieses Jahres durch eine EU-Verordnung keine Maßnahme für eines der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, gleichzeitig eines der von der EU definierten Umweltziele erheblich negativ beeinflussen." Wie schwierig das ist, machte der live zugeschaltete Präsident von Eurac Research Roland Psenner deutlich. Ein Eurac-Forschungsteam die Wirkung vier unterschiedlicher „Zukunftsszenarien für ein nachhaltiges Südtirol 2030+“ überprüft – mit dem Ergebnis, dass kein Szenario alle Ziele erreicht: "Es wird also immer ein Abwägen notwendig sein", sagte Psenner.
In einer mobilen Abstimmung über die Szenarien sprach sich das Publikum deutlich für eine Ressourcen schonende Gesellschaft mit Zusammenhalt, Zusammenarbeit, Gemeinwohl sowie mit sprachlicher und kultureller Vielfalt aus. Psenner kommentierte: "Der Vinschgau erweist sich auch aus wissenschaftlicher Sicht als vorbildlich."
70 Fragen aus dem Publikum
Sowohl für den Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Vinschgau Pinggera als auch in den 70 Fragen, die das Publikum über das Mobiltelefon stellte, stand Thema Verkehr an der Spitze der Prioritätenliste. Der Lösungsansatz heißt für Pinggera und Kompatscher "vermeiden, verlagern, verbessern". Neue Straßen werde das Land nur mehr bauen, wenn die Sicherheit in Gefahr ist, sagte Kompatscher. Die vom Publikum angesprochenen Bahnprojekte stünden im Zeichen der Verlagerung: "Nach den Verzögerungen bei der Elektrifizierung der Vinschger Bahn hoffe ich, dass es nun schnell geht. Dann können umweltfreundlichere Züge mit höherer Transportkapazität fahren." Länger dürfte es bis zur Verwirklichung der zweiten Bahntrasse zwischen Meran und Bozen und erst recht bis zur Bahnanbindung in die Schweiz brauchen.
Auf die vielen Fragen zur Landwirtschaft antwortete der Landeshauptmann: Es braucht ein ökologisches Ziel, aber so, dass die Menschen weiterhin auf ihren Höfen leben können. Die Bioregion Obervinschgau sei ein erklärtes Ziel der Landesregierung: "Im Dialog mit allen Interessensvertretern werden wir das weiter forcieren." Die Pandemie habe diesen Prozess leider, wie vieles andere, zeitweilig ausgebremst. Auch Wasser ist im trockenen Vinschgau ein wichtiges Thema. „Ohne Speicherbecken wird es nicht gehen. Dies ist zwar nicht im Sinn des Landschaftsschutzes, aber wohl das kleinere Übel“, formulierte Kompatscher einen klassischen Zielkonflikt.
Pinggera antworte schließlich auf die Frage, ob es nicht nachhaltiger sei, die bestehenden Gebäude im Kasernenareal von Schlanders zu nutzen, anstatt drei der vier Gebäudeblöcke abzureißen und neu zu bauen: "Nach zehn Jahren Konzept- und Projektierungsphase ist im Sinne eines durchdachten Gemeindeentwicklungsplans klar: Die Bestandsstruktur ist für die geplante Wohnfunktion nicht geeignet." Dagegen bleibe ein Riegel stehen, weil er sich für das darin befindliche Gründungs- und Innovationszentrum BASIS bestens eigne.
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LPA/gst