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Naturgefahren: Besserer Schutz durch Bewusstseinsbildung

Vorbeugung vor Naturrisiken durch verbesserte Information und Kommunikation: Auf diesem Prinzip basiert das Interreg-Projekt Risikokommunikationsstrategien. Dazu liegt eine Fragebogen-Auswertung vor.

Mitarbeiter von Eurac Research - mit der Agentur für Bevölkerungsschutz federführend in diesem grenzüberschreitenden Projekt Risikokommunikationsstrategien RiKoST - haben die Umfrageergebnisse vorgestellt. (Foto: AfBS)

Gut informiert – besser geschützt: Unter diesem Motto wird durch das Projekt Risikokommunikationsstrategien - kurz RiKoST - seit zweieinhalb Jahren die Resilienz gegenüber Naturgefahren durch bewusstseinsbildende Maßnahmen gesteigert, berichtet Projektleiter Willigis Gallmetzer von der Landesagentur für Bevölkerungsschutz. In den vergangenen Wochen hat die Agentur die Bevölkerung in Branzoll, Prags, Kiens, Sterzing, Brixen und Graun bei Online-Veranstaltungen über die Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen dieses Projektes informiert.

Eigenverantwortung für Selbstschutz und Widerstandsfähigkeit

Vor allem in der Vorbeugung zur Verhinderung von Katastrophen und beim Selbstschutz ist eine gut geschulte Haltung von grundlegender Bedeutung, betont der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz Rudolf Pollinger: "Es ist wichtig, die Bürgerinnen und Bürger über eventuell eintretende Extremereignisse aufzuklären und sie dazu zu motivieren, sich selbst über die Naturgefahren zu informieren, selbst Verantwortung für Eigenschutz und Widerstandsfähigkeit zu übernehmen". Wer gut vorbereitet ist, entwickelt die Fähigkeit der Resilienz, kann also in einer Krisensituation in geeigneter Weise auf Bedrohungen reagieren und leidet nicht unter einer Unterbrechung der externen Versorgung.

Im Dialog mit der Bevölkerung

Ziel des Projektes RiKoST ist es, die Risikokommunikation für verschiedene Zielgruppen zu verbessern und innovative Maßnahmen und Werkzeuge zu entwickeln, um technische Inhalte zu vermitteln, das Bewusstsein zu bilden und einen Prozess des Austauschs zwischen den Institutionen und der Bevölkerung in Gang zu setzen.

Techniker der Agentur für Bevölkerungsschutz berichteten über die Naturgefahren in den Gemeinden, mit Bilder von historischen und aktuellen Ereignissen zeigten und den Gefahrenzonenplan darlegten. In einigen Gemeinden wurden auch bestehende oder geplante Schutzmaßnahmen beschrieben, die das hydrogeologische Risiko in der Gemeinde senken.

Erhebung mittels Fragebogen in acht Südtiroler Gemeinden

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Eurac Research stellten die Ergebnisse eines Fragebogens vor, mit dem im Sommer 2019 in acht Südtiroler Gemeinden das Wissen, die Wahrnehmung, das Management und die Kommunikation von Risiken durch Naturgefahren abgefragt worden war und an dem sich 1410 Personen beteiligt hatten. Mit Aktionen zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 wurden in Mittelschulen und Oberschulen und auf Plätzen 500 Personen erreicht.

Zu den wesentlichen Ergebnissen der Umfrage zählt, dass in größeren Gemeinden etwa ein Viertel der Befragten ein Naturereignis - wie Muren, Überschwemmungen oder Lawinen - direkt miterlebt hat, während es in kleinen Gemeinden mehr als ein Drittel ist.

80 Prozent äußern Zufriedenheit mit bestehenden Schutzmaßnahmen

Aus der Umfrage ging hervor, dass die Bürgerinnen und Bürger die wesentliche Rolle der öffentlichen Verwaltung bei der Risikoprävention anerkennen und generell großes Vertrauen in die Institutionen besteht. 38,1 Prozent der Befragten gaben an, über eigene Grundkenntnisse zum Selbstschutz zu verfügen. 44 Prozent der Befragten erklärten, im Falle eines Ereignisses nicht vorbereitet zu sein, sich aber im Falle einer natürlichen Gefahr auf die Institutionen verlassen zu können. Zudem ging aus der Umfrage hervor, dass der Gefahrenzonenplan bei den befragten Personen noch nicht hinreichend bekannt ist. Hier sind weitreichendere Informationen gefragt. Im Hinblick auf die Zufriedenheit mit den bestehenden Schutzmaßnahmen und der Gefahrenvorbeugung äußerten 80 Prozent der Befragten die Meinung, dass diese ausreichend seien; 10 Prozent gaben an, keine klare Vorstellung davon zu haben.

Wunsch nach mehr Beteiligung und Information

Durchschnittlich ein Drittel der Befragten erklärte, eine aktivere Rolle bei der Prävention spielen und stärker einbezogen werden zu wollen. Dieser Prozentsatz schwankt in den verschiedenen Gemeinden zwischen 8,8 Prozent in Sterzing und 51,6 Prozent in Brixen. Insgesamt wünschen die Befragten mehr Beteiligung und Information, auch in Form von Schulungen oder in Schulen. Die Befragten nannten die Verbesserung des eigenen Risikobewusstseins als eine der grundlegenden Maßnahmen für das Naturgefahrenmanagement.

Fernsehen, Zeitungen, Radio und die Homepages der Gemeinden und des Landes wurden als zuverlässige Quellen für die Benachrichtigung über Naturgefahren genannt. Die Befragten äußerten zudem den Wunsch, via E-Mail oder SMS oder über die Social Media verständigt zu werden; auch Broschüren und Faltblätter wurden als Informationsquellen angegeben.

In den Gemeinden, in denen bereits Projekte mit Bürgerbeteiligung durchgeführt worden waren, wurde festgestellt, dass die Bürgerinnen und Bürger besser informiert sind und ihr Bewusstsein für das Thema Naturgefahren größer und eine aktivere Beteiligung gewünscht ist. In den Gemeinden, in denen erst kürzlich ein Naturereignis aufgetreten ist, wurde ein größeres Gefühl der Unsicherheit festgestellt.

Agentur für Bevölkerungsschutz und Eurac federführend

Die Agentur für Bevölkerungsschutz ist in diesem grenzüberschreitenden Projekt Risikokommunikationsstrategien RiKoST federführend, gemeinsam mit Eurac Research und der Abteilung Wasserwirtschaft der Kärntner Landesregierung. Weitere Partner sind das Landesamt für Geologie und Baustoffprüfung, die Landesabteilung Forstwirtschaft, der Gemeindenverband, die Freie Universität Bozen unibz und die Bezirksbehörde der Ostalpen (Autorità di Distretto delle Alpi Orientali).

Allgemeine Informationen und Details zum Projekt Risikokommunikationsstrategien RiKoST, das über das Operationelle Programm Interreg V A Italien-Österreich des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE 2014-2020 finanziert wird, gibt es auf den Internetportalen afbs.provinz.bz.it und www.eurac.edu/de/research/projects.

LPA/mac

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