Archivale des Monats

Oktober 1838 – Lokalaugenschein beim Schlösslbach in Uttenheim

Gemeindearchiv Uttenheim, Nr. 19_1

Der Schlösslbach entspringt auf rund zweitausend Metern Seehöhe oberhalb von Uttenheim, wo sich der Gebirgsbach in die Ahr ergießt; seit je bildete der Wasserlauf eine Gefahr für die Siedlung. Nach einer Vermurung im Spätsommer 1838 stieg eine Kommission bestehend aus dem Gemeindeausschuss von Uttenheim und zwei Sachverständigen – einem Straßenmeister und dem Revierförster – am 29. Oktober jenes Jahres durch das Schlösslbachtal hinauf, um sich ein Bild von der Situation am Oberlauf zu machen. Das im Anschluss an den Lokalaugenschein angefertigte Protokoll beginnt mit den Worten:

Schon seit unfürdenklichen Zeiten hat der sogenannte Schlößlbach ob Uttenheim durch den erfolgten öftern Ausbruch desselben sehr viele Verheerungen angerichtet.
Es wurden durch das erlofene Gewässer dieses verheerenden Baches die am Ausgang desselben liegenden Feldungen überschwemmt, mit Sand, mit großen und groben Steinen überlegt und zugelegt, ja auch selbst die in der Richtung dieses verheerenden Baches gelegenen Gebäude zu Grunde gerichtet.
Und hiedurch den Bewohnern der Gemeinde Uttenheim sehr oft ein höchst bedeutender Schaden zugefügt.
Ältere Urkunden und Aufschreibungen weisen nach, daß schon im Jahre 1551 durch den Ausbruch des Schlößlbaches alles überschüttet worden seÿ.
Der zweÿte Muhrausbruch über dieses Schlösselbachthal geschah am 2. Julÿ 1618.
Der dritte im Jahre 1647.
Der vierte im Jahre 1757.
Der fünfte den 28. 7ber [September] 1776.
Der sechste am 22. Junÿ und 4. September 1830.
Der siebente den 7. August 1831.
Der achte den 12. Junÿ 1833. Der neunte am 29. Julÿ 1835.
Der zehente am 16. Julÿ 1837, und endlich der letzte Muhrausbruch am 22. August 1838.

Den Grund für die häufigen Ausbrüche sahen die Experten im steilen Relief und dem weitgehend gerade verlaufenden Bachbett. Der Bach frisst sich dabei durch Glimmerschiefer und Lehm und schiebt bei sommerlichen Unwettern immer wieder große Materialmengen ins Tal. Weiter bemängelte die Kommission, dass am Oberlauf der Baumbestand stark ausgedünnt worden war, um Weideflächen zu gewinnen; da dabei die Holzstämme durch das Bachbett getriftet wurden, waren die Ufer in Mitleidenschaft gezogen worden. Sie empfahl daher, die gefährdeten Uferabschnitte mit Lärchenstämmen und Fichtenflechtwerk zu befestigen, dazwischen Grünerlen und Heublumen zu pflanzen, um das Erdreich zu stabilisieren. Ob diese Empfehlungen auch umgesetzt wurden, geht aus den Akten nicht hervor, doch blieben weitere Vermurungen nicht aus: Nach einem Bericht der k. k. Bauleitung der Wildbachverbauung vom Februar 1910 hatte der Schlösslbach am 9. August 1909 wieder schwere Schäden angerichtet. Daher sollten nun besonders am Oberlauf elf Stauwerke entstehen, um die Geschiebezufuhr zu verringern; hier sollte auch verstärkt aufgeforstet, die Waale und Wasserableitungen wieder Instand gesetzt werden. Am 10./11. Juni 1929 verwüstete der Bach Uttenheim erneut; das nunmehr zuständige Staatsbauamt (Regio Genio Civile) plante die Errichtung von vierzig Sperren und Stützwänden. Heute liegt die Aufgabe zur Überwachung des Schlösslbachs und des Schutzes der in seinem Fließbereich liegenden Siedlungen beim Landesamt für Wildbachverbauung.

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