Archivale des Monats

Escursione Nazionale nella Venezia Tridentina im Juli 1919 – Die „Neue Provinz“ wird besichtigt

Sammlung Oberleiter, Nr. 921

Vom 14. bis 19. Juli 1919 organisierte der Touring Club Italiano mit Unterstützung des Heeres, namentlich des Ersten Armeekorps unter General Pecori-Giraldi, eine Exkursion, die die Teilnehmer gut fünfhundert Kilometer kreuz und quer durch die „Neue Provinz“ – Trentino, Südtirol und Ampezzo – führen sollte. Ziel dieser dezidiert patriotisch konnotierten Aktion war es, die landschaftlichen Schönheiten dieser nur acht Monate zuvor noch österreichischen Landstriche einer breiteren (italienischen) Öffentlichkeit bekannt zu machen und einen „ersten herzlichen Kontakt“ (un primo contatto affettuoso) mit der Bevölkerung zu ermöglichen.

Das Unternehmen war auf eintausend Teilnehmer/innen begrenzt, davon waren dreihundert Plätze für Vertreter von Landwirtschafts-, Handels-, Industrie- oder sonstigen Vereinigungen und Kammern reserviert. Die Organisation mutet durchaus militärisch an, die Teilnehmer wurden in Gruppen zu je hundertzwölf Personen (centurie) unter einem vom Ersten Armeekorps gestellten Hauptmann unterteilt, diese Zenturien wiederum in zwei Sektionen, bestehend aus je vier Gruppen zu vierzehn Personen, denen als Kennung bestimmte Farben- und Buchstabencodes zugewiesen wurden. Von den Teilnehmern wurde Disziplin verlangt, die Unterbringung war zum Teil spartanisch, da nicht ausreichend Hotelbetten zur Verfügung standen (einige mussten in Kasernen übernachten), die Mahlzeiten konnten nur teilweise in Gasthäusern, öfters aber unter freiem Himmel eingenommen werden.

Die Teilnehmer, sämtlich Mitglieder des Touring Club, darunter einhundert Frauen und Jugendliche, wurden in (offenen) Militärlastwägen befördert, was gerade auf den unbefestigten Passstraßen in den Bergen – nicht nur für die Chauffeure, sondern wohl auch für die Fahrgäste – eine Herausforderung dargestellt haben dürfte. Die Mitnahme von Automobilbrillen als Schutz gegen den Straßenstaub wurde jedenfalls wärmstens empfohlen.

Die Exkursion wurde ein voller Erfolg. Am 14. Juli 1919 setzte sich morgens um 6 Uhr ein Zug voller Unternehmungslustiger von Mailand aus in Bewegung, der gegen Mittag Desenzano erreichte. Von dort wurden die Ausflügler mit einem Raddampfer nach Riva übergesetzt, wo bereits mehr als hundert Lastwägen auf sie warteten. Am nächsten Tag setzte sich die Wagenkolonne Richtung Arco in Bewegung, um dann über Nago, das vom Krieg schwer beschädigte Mori und Rovereto Trient zu erreichen, wo am Castello del Buonconsiglio der „Märtyrer“ Cesare Battisti, Damiano Chiesa und Fabio Filzi gedacht wurde. Am späten Nachmittag erreichte der Konvoy Bozen, wo das Militär einen abendlichen Empfang organisierte. Am 16. Juli stand ein Abstecher nach Meran auf dem Programm, wo die Exkursionsteilnehmer im Kursaal verköstigt wurden. Am Folgetag, dem 17. Juli, ging die Reise weiter durch das Eisack- und das Pustertal bis zum Pragser Wildsee. Nach einer Übernachtung im Raum Welsberg-Niederdorf-Toblach bewegte sich die Wagenkolonne am nächsten Morgen weiter durch die spektakuläre Bergwelt der Dolomiten zum Misurinasee und über den Passo Tre Croci weiter nach Cortina, wo es einen festlichen Empfang gab. Tags darauf ging die Fahrt weiter durch die Dolomiten, wo neben der Erhabenheit der Berge immer wieder Spuren des erst im Jahr zuvor beendeten Gebirgskriegs ins Auge fielen. Über den Falzarego-Pass ging es nach Livinallongo, Arabba und über das Pordoijoch weiter nach Canazei und durch das Fassa- und Fleimstal nach Cavalese. Am Nachmittag passierten die Teilnehmer Cembra und erreichten schließlich gegen Abend wieder Trient. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, den 19. Juli 1919, brachte ein Sonderzug die vermutlich recht erschöpften Exkursionsteilnehmer nach Verona und Mailand zurück.

ep

PT

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