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Zu Wasser und zu Lande – Warentransport von Nordengland nach Bozen um 1800
Anfang September 1801 legten im Hamburger Hafen gleich zwei Schiffe mit einer Ladung Woll- und Baumwollstoffe aus Nordengland an, die für das Bozner Handelshaus Georg Anton Menz bestimmt waren. Die Hamburger Firma Mathiessen & Sillem notierte in drei am selben Tag ausgestellten Rechnungsscheinen einen Ballen des Textilhändlers Abraham Rhodes in Leeds sowie drei Kisten von Textilhändlern in Manchester.
Dank einer Reihe bahnbrechender Erfindungen bei Spinn- und Webereimaschinen sowie dank des Imports günstiger Baumwolle aus den nordamerikanischen Kolonien war England in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu der Industrienation Europas aufgestiegen. Das Zentrum industrieller Textilerzeugung lag im Norden des Landes, in den Städten Leeds und Manchester und deren Umland. Anstelle der traditionell in Hausarbeit betriebenen Handweberei entstanden nun ausgedehnte Fabrikanlagen, in denen Erwachsene und Kinder im Takt der mit Dampf oder Wasserkraft betriebenen Maschinen im Akkord arbeiteten. Fabrikeigner und Händler fuhren dabei meist satte Gewinne ein, da englische Wollstoffe und alle Arten von Baumwollstoffen auf dem Kontinent begehrt waren.
In Bozen war das Handelshaus Menz, benannt nach dem Gründer Georg Anton Menz (1697–1762), im späten 18. Jahrhundert unter der Leitung von dessen Enkel Anton Melchior (1757–1801) sowie der Gesellschafter Franz Kinsele und Franz Kofler zum erfolgreichsten Unternehmen der Stadt aufgestiegen. Als wichtigste Einnahmequelle sind der Seidengroßhandel sowie eine Beteiligung an einer Roveretaner Seidenmanufaktur zu nennen, doch scheint auch der Handel mit anderen Tuchen, etwa englischen Waren, die an Händler in Norditalien weiterverkauft wurden, eine gewisse Rolle gespielt zu haben.
Verschiedene Handelshäuser und Speditionsfirmen besorgten hierbei die etappenweise Beförderung der Waren über weite Strecken: Die Stoffballen aus Leeds und Manchester wurden auf dem Landweg und über Kanäle in die Küstenstadt Hull transportiert, von wo aus lokale Frächter sie per Schiff nach Hamburg versandten. Von dort wiederum gelangten sie nach Lüneburg und auf dem Landweg zum wichtigen Warenumschlagplatz Nürnberg. Nürnberger Handelshäuser besorgten schließlich den weiteren Warentransport mit Pferdefuhrwerken bis nach Bozen.
Wenige Jahre später, 1806, wurde der Handel zwischen England und dem europäischen Festland jedoch durch die von Napoleon erzwungene Kontinentalsperre jäh unterbrochen, als die Einfuhr britischer Waren und Kolonialwaren in allen mit Frankreich verbündeten oder von Frankreich kontrollierten Staaten verboten wurde. Nach Aufhebung der Sperre 1813 begannen die Warenströme in Europa wieder zu fließen, und obwohl auch weiterhin englische Stoffe an das Handelshaus Menz geliefert wurden, war Bozens Handel durch die napoleonischen Kriege nachhaltig beschädigt worden, die einst international aufgerichtete Messestadt versank zunehmend in die Provinzialität.
ep
PT
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