Archivale des Monats

Die Lebkuchenrezepte der Maria Anna Elisabeth Ingram aus dem späten 17. Jahrhundert

Urkundensammlung Kurt Staffler, Nr. n01.

Urkundensammlung Kurt Staffler, Nr. n01.

Le(b)zelten, Lebkuchen, Honigkuchen, Pfefferkuchen, Gingerbread („Ingwerbrot“) – das gemeinhin als Lebkuchen bezeichnete Gebäck hat viele Namen und ist in der Esskultur vieler Länder Europas tief verwurzelt. Man findet Honig- bzw. Gewürzgebäck, das vermutlich auf griechisch-römische und/oder germanische Traditionen zurückgeht, vor allem in Mittel-, Nord- und Osteuropa, aber auch in Griechenland oder Portugal.
Erste Erwähnungen von „lebekuoche“ und „lebzelte“ im deutschen Sprachraum finden sich in Klosterchroniken des 13. Jahrhunderts, die Herkunft des Wortes „Lebkuchen“ ist jedoch nicht eindeutig geklärt, entweder vom lat. libum (Fladen, Opferkuchen) oder vom deutschen Wort „Laib“ (Brotlaib). Die Herkunft des Wortes „Zelten“, das oft synonym mit Lebkuchen verwendet wurde, ist ebenfalls unklar.
Wie die vielen Namen bereits erahnen lassen, stellen Gewürze und Honig wichtige Zutaten bei der Herstellung dieses seit vielen Jahrhunderten beliebten Gebäcks dar, wobei in jüngeren Zeiten aber auch Zucker eine zunehmend wichtige Rolle als Süßungsmittel spielte. Gewürze waren im Mittelalter und in der frühen Neuzeit aufgrund des langen Transportweges ausgesprochene Luxuswaren und zugleich sehr begehrt. Wer sich viele verschiedene Gewürze leisten konnte, galt daher als wohlhabend. Ebenfalls wichtig war die lange Haltbarkeit des Lebkuchens, weshalb er zum Dauergebäck gezählt wird. Lebkuchen wurden nicht nur zu Weihnachten, sondern auch an besonderen Festtagen gereicht.
Die aus einer vermögenden Bozner Familie stammende Maria Anna Elisabeth (von) Ingram verzeichnete in ihrer, vermutlich in den 1690er Jahren entstandenen Rezeptsammlung (vor allem zu Süßspeisen), auf 62 Blättern nicht weniger als 32 Lezeltl-Rezepte, wobei die Zutaten stark variieren: Für einige Lebkuchen sind Gewürze wie Zimt, Nelken (Nagelen), Ingwer (Imber), Muskatnuss oder Pfeffer vorgesehen; andere enthalten Rosenwasser, Zitronen- oder Orangenschalen (Limoni und Pomerantschen), Zitronat oder Mandeln. Des Weiteren findet man Lebkuchenrezepte mit Hagebutten, Quitten, Pistazien oder Rosinen (Weimberl). In allen Lebkuchenrezepten wird Zucker verwendet, bei einigen wenigen sogar nur Zucker und Fruchtsäfte, z. B. von Quitten, woraus ein zäher Teig gemengt und, etwa auf Oblaten aufgetragen, getrocknet wurde. Honig wurde dagegen nur bei einigen wenigen Rezepten verwendet, etwa bei jenen für Nürnberger Lebkuchen, die augenscheinlich schon Ende des 17. Jahrhunderts sehr beliebt waren. Die Lebkuchen wurden entweder als flache Laibe hergestellt – in verschiedenen Größen, ohne Verzierung oder mit Mandeln oder Zuckerguss versehen; sie wurden ausgeschnitten, ausgestochen oder – wie heute noch Spekulatius – in Holzmodel gedrückt, die mit verschiedenen figürlichen Motiven versehen waren. So wurden etwa auch die im Kochbuch der Maria Anna Elisabeth Ingram beschriebenen Passeyrer Lezelten, die nur aus Preiselbeersaft, Tragant (Saft aus Pflanzen der Astragalus-Gattung, als Modelliermasse verwendet) und Zucker bestanden, in Model gedrückt und anschließend auf einem Papier ausgelegt am Ofen getrocknet.

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