Archivale des Monats

September 2011: 1337 Juni 3: Ein Heiratsvertrag wird gelöst

Eheschließungen waren für ritteradlige Familien des späten Mittelalters die wichtigste Möglichkeit, enge Beziehungen zu ihren Standesgenossen zu knüpfen, im sozialen Netzwerk des regionalen Adels ihre Position zu behaupten oder zu verbessern. Dabei ging es nicht nur um gesellschaftliches Prestige und Rangdenken, sondern vor allem auch um materiellen Zugewinn. Die Ehegüter waren Gegenstand mitunter zäher Verhandlungen zwischen den Familien der Brautleute und dementsprechend wurden vor einer Heirat ausgefeilte Eheverträge geschlossen, in denen die ehegüterrechtliche Angelegenheiten oft bis ins Detail geregelt wurden.
Dem Heiratsvertrag und der Eheschließung selbst ging das Heiratsversprechen voraus, das als bindend angesehen und zum Teil auch schriftlich fixiert wurde. Es konnte daher nicht ohne weiteres gelöst werden. Nach kanonischem Recht konnte eine Ehe nur geschlossen werden, wenn beide Ehepartner der Verbindung zustimmten. Dies war in der Regel kein Problem, denn sowohl Söhne als auch Töchter fügten sich zumeist den Plänen des Vaters beziehungsweise der Familie und willigten in die geplante Verbindung ein.
Einen interessanten Ausnahmefall zeigt die hier vorgestellte Urkunde, in der Nikolaus von Vilanders die ihm zugedachte Braut, Katharina, Tochter des Fritz ab dem Perge, von dem Eheversprechen löst, das deren Vater ihm gegeben hatte. Offenbar war die Braut bei Vertragsabschluss nicht dabei gewesen und hatte sich später gegen die Eheschließung gewehrt, im Wortlaut der Urkunde: da si nicht gegenburtik waz und sein nie veriachtzte [zustimmte]wan si mein ze ainem ewirte gewaigert hat. Nikolaus von Vilanders erklärte seine Braut damit für frei, jemand anderen zu heiraten oder orden ze emphahen, d. h. in ein Kloster einzutreten. Der Wunsch nach einem geistlichen Leben wird wohl auch der Grund gewesen sein, weshalb sich Katharina gegen die Heirat gesperrt hatte.

Nikolaus erklärt somit die Verbindung als gelöst und bestätigt dies durch sein und seines Bruders Siegel, die jedoch beide verloren gegangen sind.

Evi Pechlaner

GS