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Neues Bildungsgesetz tritt am 30. Juli in Kraft

LPA – Das Landesgesetz »Allgemeine Bildungsziele und Ordnung von Kindergarten und Unterstufe« tritt am Mittwoch, 30. Juli, in Kraft. Das Gesetz schreibt Grundsätze für die Ausrichtung und Ausgestaltung des Bildungswesens in Südtirol fest. „Durch die Definition gemeinsamer Bildungsziele, die Aufwertung des Kindergartens und Neuorientierungen in Grund- und Mittelschule wollen wir Voraussetzungen für ein nachhaltiges Bildungswesen in Südtirol schaffen“, betont Gesetzeseinbringer und Bildungslandesrat Otto Saurer.

Als Ergebnis einer mehrjährigen Entwicklung bezeichnen Landesrat Saurer und Schulamtsleiter Peter Höllrigl das neue „Bildungsgesetz“, dessen wesentliche Neuerungen die Individualisierung des Lernens durch die Einführung von Wahlmöglichkeiten für die Schüler und der vollwertige Einbau des Kindergartens in das Bildungssystem sind. Gerade mit diesen beiden Neuerungen trägt das Gesetz den Entwicklungen im Bildungswesen auf europäischer Ebene Rechnung, die sich wiederum auf die jüngsten Forschungserkenntnisse stützen.

Das Gesetz steht aber auch im Zusammenhang mit der von der Regierung in Rom 2004 beschlossenen Reform des Bildungswesens. Das Land Südtirol, das im Bereich der Pflicht- und Oberschulen nur sekundäre Gesetzgebungsbefugnis hat, entschied sich für eine graduelle Erprobung dieser Schulreform in der Unterstufe. „In das neue Gesetz sind die Ergebnisse dieser vierjährigen Erprobungszeit eingeflossen“, betont Bildungslandesrat Otto Saurer, „ebenso wie die Grundsätze des Bildungsleitbilds unter dem Motto ‚Bildung Zukunft Südtirol’, das in den vergangenen Jahren für die deutsche Schule in Südtirol unter Einbeziehung einer Vielzahl von Personen der verschiedenen Bildungsbereiche und Bildungsinteressierten aller gesellschaftlicher Schichten erarbeitet worden ist.“

Das neue Reformgesetz gibt nun die grundlegenden Bildungsziele vor, die das Schulautonomiegesetz aus dem Jahre 2000, einem Nachfolgegesetz, „überlassen“ hatte und die auch als Ausgangspunkt und Richtlinien für die Reform der Oberstufe gelten können. Die allgemeinen Grundsätze für das Bildungssystems umfassen auch den – im Landtag heftig diskutierten - Hinweis auf die Verbreitung und Festigung einer europäischen Kultur und Gesinnung, die auf christlichen Wurzeln aufbauen. Neu im Gesetz ist, dass die Kenntnis der lokalen Geschichte zum Bildungsziel erhoben wird, um alle Schülerinnen und Schüler mit der historischen Entwicklung des Landes und dem kulturellen Leben der Heimat vertraut zu machen.

Die Schulverantwortlichen sehen das neue Bildungsgesetz auch als Weiterentwicklung des Landesgesetzes zur Autonomie der Schulen, „zumal es Kindergärten und Schulen einen klaren rechtlichen Rahmen zuweist, der große Gestaltungsräume und Organisationsmöglichkeiten für die Umsetzung der Reform und deren pädagogische Anliegen beinhaltet“. Die Autonomie der Bildungseinrichtung und die Lehrfreiheit von Kindergarten- und Lehrpersonal – die im Gesetz weiter gefestigt und erweitert wird – sind, nach den Worten Saurers Mittel, Wege und Instrumente für die Erfüllung des pädagogischen und didaktischen Auftrages der Schule, also für die Umsetzung der Individualisierung und Personalisierung des Lernens der Schülerinnen und Schüler.

Neben der Individualisierung und Personalisierung des Lernens trägt das Landesgesetz der mehrsprachige Situation in Südtirol Rechnung: Im Einklang mit dem Artikel 19 des Autonomiestatuts und mit entsprechenden Richtlinien der Landesregierung können die Schulen zur Förderung der Mehrsprachigkeit der Schülerinnen und Schüler innovative Projekte des Sprachenlernens durchführen. Durch die Anerkennung der Musikschulen des Landes als Teil des Bildungssystems schafft das Gesetz die Voraussetzung für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Musikschulen. Gesetzlich verankert wird überdies die mögliche Anerkennung außerschulischer Angebote im Wahlbereich. „Dadurch werden intensivere Formen der Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen, z. B. Sportvereinen, möglich“, betont Landesrat Saurer, der sich für eine Zusammenarbeit der Schule mit anderen Einrichtungen nach dem Motto „Einbinden statt Auslagern“ ausspricht. Ressourcen und Kompetenzen des gesellschaftlichen Umfeldes gelte es zu nutzen, um die Rolle der Schule weiter zu stärken und dem erweiterten „Bildungsauftrag“ gerecht zu werden, sagt der Landesrat.

Schließlich schafft das Gesetz ein gemeinsames Dach für die Schulen der drei Sprachgruppen, indem es Mindestunterrichtszeit und gemeinsame pädagogischen Eckpunkte festschreibt, gleichzeitig aber auch die nötigen Spielräume für die Besonderheiten der drei Sprachgruppen gewährleistet, die in der Folge durch getrennte Rahmenrichtlinien genutzt werden sollen. Bis zur Genehmigung dieser Rahmenrichtlinien erproben die Schulen im kommenden Schuljahr 2008/2009 die Anwendung des Gesetzes auf der Grundlage der derzeit geltenden Beschlüsse der Landesregierung zur Schulreform. „Dies ermöglicht es, die Detailregelungen für das Schuljahr 2009/2010 sorgfältig vorzubereiten und darüber mit den verschiedenen Interessensvertretungen ausführlich zu diskutieren“, sind sich die Schulverantwortlichen sicher und wünscht sich Bildungslandesrat Saurer.

jw