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Sprache als Spagat - GfdS-Vorsitzender Hoberg auf Einladung des Bildungsressorts in Bozen

LPA - Was wird – langfristig gesehen - aus der deutschen Sprache? Was müssen wir tun, damit die Vielsprachigkeit in der Welt erhalten bleibt? - Antworten auf diese beiden sprachpolitischen Fragen formulierte gestern Abend (Montag, 19. März) Rudolf Hoberg, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache in Bozen. Hoberg referierte auf Einladung des Bildungsressorts des Landes anlässlich der Einrichtung eines Zweiges der Gesellschaft für die deutsche Sprache in Südtirol zum Thema „Neuere Entwicklungen in der deutschen und europäischen Sprachenpolitik“.

Für eine Stärkung der deutschen Sprache auch durch den Unterricht sprach sich Rudolf Hoberg, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache, gestern in Bozen aus. Im Zuge der Globalisierung sei es notwendig, über eine Sprache zu verfügen, in der man sich weltweit verständigen könne. Diese Funktion erfülle das Englische; für die deutsche Sprache, die mit über 100 Millionen Sprechern zu den meistgesprochenen Sprachen zählt, sei daneben allerdings noch genügend Raum.

Die Anglizismen, die in den letzten Jahrzehnten Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben, machten gerade ein Prozent der auf etwa eine halbe Million geschätzten Wörter der deutschen Sprache aus (gegenüber 15% Fremdwörtern aus anderen Sprachen). Für Hoberg sind Anglizismen nicht überflüssig, da es keine überflüssigen Wörter in einer Sprache gebe, sie dienten vielmehr der größeren Differenzierung, der genaueren begrifflichen Unterscheidung und bereicherten die deutsche Sprache.

Gleichzeitig machte Hoberg aber auch deutlich, dass Sprache mehr sei als nur ein Kommunikationsmittel. Jeder Mensch habe ein besonders emotionales Verhältnis zu seiner Erst- oder Muttersprache. Sprachenvielfalt stelle einen Erkenntnisgewinn dar. Die Forderungen, die sich daraus ableiten lassen, bezögen sich einerseits auf Politik und Wissenschaft, deren Vertreter neben dem Englischen auch die deutsche Sprache stärken müssten, andererseits auch auf den Sprachunterricht, der mehr rezeptiv entwickelt werden solle.

Man müsse Kompetenzen vermitteln, die das passive Sprachverständnis stärken, sodass sich Menschen unterschiedlicher Herkunft in ihrer eigenen Erstsprache ausdrücken, aber auch die Erstsprache des Gegenübers verstehen können. Die Sprachpolitik sei also ein Spagat zwischen der Bereitschaft, das Englische als Weltsprache anzunehmen, und der Notwendigkeit, bewusst mit der Erstsprache und den Fremdsprachen umzugehen.

jw