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Wichtige geschichtliche Entdeckungen bei Umbauarbeiten des "Alten Magistrats" in Bruneck

LPA - Eine gotische Quadermalerei, spätgotische Putzoberflächen in den Kreuzgratgewölben, ein barockes Wappenfresko, vier Stuckdecken mit Barockputz, eine eingemauerte Granitsäule, aufgemalte Medaillons und ein Tiefbrunnen – das sind die wichtigsten Funde, die im Zuge der Umbauarbeiten im "Alten Magistrat" in der Brunecker Stadtgasse zum Vorschein gekommen sind. Das Gebäude wird derzeit umgebaut und soll ab Herbst 2007 als Sitz für die Tourismusfakultät der Freien Universität Bozen dienen.

14 Meter tief ist der bei den Arbeiten gefundene Brunnen
Bereits im Herbst sollen die Studenten Tourismus-Fakultät der Freien Universität Bozen in dem denkmalgeschützen Gebäude lernen. Vorher war im Gebäude das Realgymnasium untergebracht, für welches in den 70-er Jahren umfangreiche Adaptierungsarbeiten durchgeführt wurden. Damals wurden der historischen Bausubstanz jedoch einige irreversible Schäden zugefügt: Ein neuer Treppenaufgang wurde herausgebrochen, ein neuer Dachstuhl aufgesetzt, das gesamte Erdgeschoss neu verputzt und die Fassaden mit Dispersionsfarbe gestrichen. Außerdem haben die vielen Mauerschlitze die historischen Verputze und deren Schichtung zerstört.
Ursprünglich diente der zweigeschossige Bau als Amtsgebäude des Klosters Neustift, dessen Besitzungen in weiten Teilen des Landes verstreut waren. Der Kern des Hauses reicht in das 13. Jahrhundert zurück. Darauf weist das romanische Mauerwerk mit regelmäßigen Steinlagen und horizontalem Fugenstrich im Keller unter der Stadtbibliothek hin. Im 14. Jahrhundert wurde dieses erste Gebäude nach Norden erweitert, wobei der Anbau zunächst als Wirtschaftsgebäude (Neustifterstadl) und ab dem Barock als Wohnung des Klostergeistlichen gedient hat. In diese Zeit fällt die Quadermalerei, die im Sommer 2006 entdeckt worden ist. Der Anbau eines zweiten Gebäudes im Westen folgte im 15. Jahrhundert. Ein über dem steingerahmten Rundbogentor zur Stadtgasse sichtbarer Wappenstein aus weißem Marmor verweist auf das Kloster Neustift als Eigentümer. Er zeigt das Wappen des Neustifter Prälaten mit der Jahreszahl 1547 sowie die Inschrift: "Vivat faelix novacella". Aus dieser Zeit dürfte die Halle mit Sterngratgewölbe und mittiger Granitsäule mit Knospenkapitell stammen, sowie die angrenzenden Gewölbe des Erdgeschosses mit Kreuzgrat- und Tonnengewölben. Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1723, bei dem drei Viertel von Bruneck zerstört worden sind, wurden die Innenräume des Obergeschosses barockisiert. Stuckdecken und der für den Barock typische glatte, hellgraue Innenputz der Wände haben sich aus dieser Zeit erhalten. Ende des 18. Jahrhunderts folgte eine zweite Barockisierung mit einer Neubemalung mit klaren Farben (rot, grün), einer Sockelmalerei und ansatzweise Tapetenmalereien in den Fensternischen.
Das laufende Umbauprojekt basiert – neben den nötigen Anpassungsarbeiten für den Universitätssitz – auch auf denkmalpflegerischen Überlegungen, heißt es aus der Landesabteilung für Denkmalpflege, die alle Bauarbeiten mitverfolgt. So sollen die originale Bausubstanz  erhalten und freigelegt sowie die störenden Elemente des letzten Umbaus aus den 1970er Jahren entfernt werden, wie beispielsweise die vielen Dachliegefenster, die passenden Dachgauben Platz machen sollen. Grundlage dafür war die bauhistorische Untersuchung eines Restaurators im vergangenen Sommer, die zu den wichtigen Entdeckungen geführt hat. Gefunden wurden eine gotische Quadermalerei, spätgotische Putzoberflächen in den Kreuzgratgewölben, ein barockes Wappenfresko, vier Stuckdecken mit glattem Barockputz, eine eingemauerte Granitsäule, aufgemalte Medaillons an der Fassade zur Stadtgasse und ein verschütteter 14 Meter tiefer Brunnen.
In der derzeitigen Bauphase betreut das Landesamt für Bau- und Kunstdenkmäler in enger Zusammenarbeit mit Firmen und Handwerkern die Restaurierungsarbeiten der bau- und kunsthistorisch wichtigen Elemente, und überwacht die Erhaltung der originalen Bausubstanz und der historischen Oberflächen, sowie die sensible Einfügung neuer architektonischer Elemente, wie den Aufzug und das neue externe Treppenhaus.
Die Freilegungs- und Restaurierungsarbeiten bewirken kaum zeitliche Verzögerungen für die Baustelle. Der Kostenaufwand sei begrenzt und absolut gerechtfertigt, heißt es in der Landesabteilung Denkmalpflege, da gerade die Restaurierungsarbeiten zu einer wesentlichen Aufwertung des denkmalgeschützten Gebäudes beitrage, das zukünftig als repräsentativer Sitz der Tourismus-Fakultät der Freien Universität Bozen dienen werde. Nach Abschluss der Bau- und Restaurierungsarbeiten wird das ehemalige Neustifter Amtshaus wieder in seinem früheren Glanz erstrahlen, Besucher und Studenten werden die Jahrhunderte alte Geschichte seiner Mauern erleben und auf sich wirken lassen können.

SAN

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