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Botschaft der drei Schullandesräte zum Schulanfang
(LPA) Nach sommerlicher Entspannung und Kräftesammeln beginnt am Montag für viele tausend Kinder und Jugendliche, deren Erzieher, Lehrer und Eltern das neue Kindergarten- und Schuljahr. Und damit „der Aufbruch in ein neues Abenteuer Lernen“, wie die Schullandesräte Otto Saurer, Luisa Gnecchi und Florian Mussner in einer gemeinsamen Aussendung festhalten, die wir im Folgenden vollinhaltlich wiedergeben.
Wenn die Schulen am Montag ihre Tore wieder öffnen, denken wir besonders an die Anstrengungen aller Beteiligten, aus der Schule einen Ort des Lernens und der Begeisterung zu machen.Jahr für Jahr zeigt sich, dass die Existenz eines öffentlichen Bildungs- und Schulsystems eine der größten Errungenschaften unserer Gesellschaft darstellt, weil es allen Bürgern die Möglichkeit gibt, Fähigkeiten zu erwerben, die notwendig sind, um am Aufbau und der Veränderung unserer Gesellschaft mitzuwirken. Zwar stammt das entsprechende Weißbuch der Europäischen Kommission noch aus dem Jahr 1995, doch ist es nach wie vor aktuell, wenn es im Zugang zur Allgemeinbildung und im Erlernen entsprechender praktischer Fertigkeiten die Grundfesten des Bildungs- und Schulsystems erkennt. Gilt die Allgemeinbildung als notwendiges Instrument, um die Welt zu verstehen, bilden die erlernten Fertigkeiten die Basis dafür, sich in dieser Welt zu bewegen und sich in ihr selbst zu verwirklichen.
In allen Bildungsinstitutionen wird derzeit an einem neuen Lernverständnis gearbeitet, das dem individuellen Lernen der Kinder und Jugendlichen mehr Raum bietet, ihnen gleichzeitig mehr Verantwortung für die (Mit)Gestaltung ihrer Lernwege einräumt und somit ihren Stärken und Schwächen besser Rechnung trägt. Schon allein die derzeit stattfindenden Neuerungen stoßen immer wieder Diskussionen über die Rolle von Schule und Bildung an und auch darüber, inwieweit unser System den Anforderungen der Zeit gerecht wird. Dabei gilt es in erster Linie, die anstehenden Reformen auf ihre Anwendbarkeit in der Praxis hin zu überprüfen.
Auch sind Kindergärten und Schulen zunehmend gefordert, über die Unterweisungs- und Unterrichtszeit hinaus in Form von Nachmittags- und Sommerbetreuung Verantwortung zu übernehmen. Die Autonomie der einzelnen Schulen ermöglicht es ihnen besonders, hier Akzente zu setzen.
Eine wichtige Aufgabe der Schule müssen wir uns vor Augen halten: Es geht darum, den Schülern beizubringen, dass sie in einer Gesellschaft leben, die aus unterschiedlichen Individuen besteht, ihnen beizubringen, gesellschaftliche Vielfalt als Chance und Bereicherung zu sehen. In diesem Zusammenhang wird häufig die Frage gestellt, ob es nicht andere Bildungs-Institutionen gebe, die diese Aufgabe besser erfüllen könnten: die Familie, die Kirche, das Internet. Die Herausforderung, die daraus der Schule erwächst, ist, einerseits ihre zentrale Rolle in diesem Bereich nicht zu verlieren, sich andererseits aber als Ergänzung zu all den anderen Lebenssituationen zu sehen, in denen Lernen stattfindet. Dabei ist vor allem die Schule – vom Kindergarten bis hin zur Berufsbildung oder Universität – der Ort, in dem die Erziehung zu Toleranz, Frieden und Menschlichkeit gepflegt werden muss. Dies gerade in einer Zeit, in der junge Menschen mehr denn je einen Bildungsrahmen brauchen, der ihnen Ansporn und Halt zugleich sein kann.
In diesem Schuljahr beginnt die von den Vereinten Nationen ausgerufene "Dekade der Erziehung zur Nachhaltigkeit". Zehn Jahre lang, soll in allen Schulen der Welt gemeinsam am Thema der nachhaltigen Entwicklung gearbeitet werden. Dabei geht es laut einem Beschluss der UNO um Folgendes: "Alle, Kindergarten-Kinder genauso wie Erwachsene, müssen über Nachhaltigkeit Bescheid wissen, müssen lernen, dass sie die Welt verändern können und dass ihre Entscheidungen einen Einfluss haben. Sie müssen lernen, kritisch und kreativ zu denken."
Alle Menschen, die als Schüler, Lehrer und Direktoren die Schule mitgestalten sind dazu eingeladen, den Themen der aktiven und kreativen Zukunftsgestaltung mehr Raum zu geben. Die Entwicklung der Fähigkeit zum langfristigen Denken, zum Verstehen der Zusammenhänge zwischen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Themen gehört zu den wichtigsten Zielsetzungen dieser UN-Dekade. Es gibt kein allgemein gültiges Erziehungsmodell zur nachhaltigen Gesellschaft. Daher wird auch im Dokument der UNO betont, wie wichtig es ist, einen regionalen Bezug zu einer nachhaltigen Entwicklung herzustellen. Nur wer sich in seiner Region, in seiner Stadt, in seinem Dorf "zu Hause" fühlt, entwickelt eine ökologische Verbundenheit und die Bereitschaft zur kreativen Mitgestaltung der zukünftigen Entwicklung.
Wir wissen, dass die fachspezifische Ausbildung wichtig ist, um in einer Welt mit stärkerem Wettbewerbsdruck zu bestehen; dennoch braucht es immer mehr die Fähigkeit einer transversalen Intelligenz, die Fähigkeit zum Erkennen der Vernetzung zwischen den einzelnen Bereichen der Wissenschaft und des Lebens.
Wie im Delors-Bericht der Unesco zu den Bildungskonzepten für das 21. Jahrhundert festgehalten wird, geht es vor allem um das Erlernen der vier Dimensionen des Lernens: - Lernen, Wissen zu erwerben
- Lernen, zu handeln
- Lernen, mit anderen zu leben
- Lernen für das Leben
Ein besonderer Gruß geht an die Dreijährigen, die heuer vor dem Eintritt ins Schul- und Bildungssystem stehen. Ihnen wünschen wir ebenso wie allen anderen Schülern, Erziehern, Lehrern und Eltern einen guten Start ins neue Schuljahr.
Gerade am ersten Schultag sind unsere Gedanken aber auch bei den Kindern von Beslan und deren Eltern, für die der Schulbeginn mit einem so grausamen Schicksal verbunden war.
Die Landesräte
Otto Saurer, Luisa Gnecchi und Florian Mussner
chr