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50 Jahre Zweites Autonomiestatut: Großer Festakt im Kurhaus von Meran
Das Land Südtirol beging den heurigen Tag der Autonomie, 5. September, mit einem Festakt in Meran. Im Mittelpunkt stand – 50 Jahre nach dessen Inkrafttreten im Jahr 1972 – das Zweite Autonomiestatut.
Am 5. September begeht das Land Südtirol den Tag der Autonomie. Bei einem Festakt (hier geht es zum vollständigen Video) im Kurhaus von Meran stellte es auf Einladung des Landeshauptmanns einen ganz besonderen Meilenstein der Südtiroler Geschichte in den Mittelpunkt: das Inkrafttreten des Zweiten Autonomiestatuts vor 50 Jahren. Obwohl sich Italien bereits mit Unterzeichnung des Pariser Vertrages am 5. September 1946 verpflichtet hatte, die in Südtirol lebenden Minderheiten zu schützen, konnten die Schutzinstrumente wie Gleichstellung der Sprachen, Stellenproporz oder muttersprachlicher Unterricht erst mit dem Zweiten Autonomiestatut ab 1972 ihre Wirkung entfalten. In der Folge wurde die Autonomie laufend ausgebaut und weiterentwickelt.
Mehr als 400 geladene Gäste wohnten der feierlichen Veranstaltung im Meraner Kursaal bei – darunter amtierende und ehemalige Persönlichkeiten der italienischen und österreichischen Regierungen und Parlamente, der Botschaften sowie Verantwortungstragende aus Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf europäischer, staatlicher, Landes- und lokaler Ebene.
Österreichs Bundesministerin für die Europäische Union und Verfassung, Italiens Minister für Wirtschaft und Finanzen und Südtirols Landeshauptmann hielten die Festansprachen (siehe eigene LPA-Aussendungen: Ministerin Österreich, Minister Italien, Landeshauptmann Südtirol). Zuvor hatten vier besondere Gäste Grußworte überbracht. Sie stehen stellvertretend für die Unterstützer Südtirols aus nah und fern. Gleich zu Beginn richteten Thinlay Chukki, Vertreterin der Tibetischen Exilregierung für Mittel- und Osteuropa, und Oliver Paasch, Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, im Gespräch mit Moderatorin Karin Gschnitzer und Moderator André Comploi den Blick auf die sehr unterschiedliche Situation anderer Minderheiten in Europa und auf der Welt.
"Als Geschenk für Südtirol und seine Bevölkerung, dafür, dass sie Frieden in diesen schwierigen Zeiten verbreitet", brachte Thinlay Chukki eine Khata mit, den traditionellen weißen Begrüßungsschal der Tibeter, und übermittelte die Grüße des Dalai Lama und der Tibetischen Exilregierung. "Südtirol ist für uns ein Bezugspunkt, wenn es um Autonomie geht", sagte sie. Als der Dalai Lama vor 25 Jahren zum ersten Mal nach Südtirol kam, sei es die Hoffnung und der Wunsch der Exilregierung gewesen, dass auch die tibetische Bevölkerung eines Tages in Tibet eine solche Autonomie erleben könne. "Unser Kampf geht weiter. Südtirol ist es gelungen, einen schwierigen Prozess zu beenden und die Südtirol-Autonomie kann, gerade in diesen unruhigen Zeiten, ein Modell für die gesamte Welt werden", betonte Chukki. "Wenn es den Willen gibt, zusammenzukommen und gemeinsam an Problemen zu arbeiten, wird es immer die Möglichkeit eines Friedens geben."
Auf eine hervorragende Ausgangslage konnte hingegen Ministerpräsident Paasch blicken, gilt doch die deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens als eine der bestgeschützten Minderheiten der Welt: "Schutz für nationale Minderheiten bedeutet, dass sie ihre Identität leben und weiterentwickeln können." Jede Form von Diskriminierung oder Assimilierung gegen den eigenen Willen gehöre ausgeschlossen. "Wichtig sind nicht nur das Menschenrecht auf eigene Sprache, Bildung und Kultur, sondern auch Instrumente wie Raumordnung und ein eigenes Finanzbudget", sagte Paasch. Das Königreich Belgien gewähre dies der kleinen Minderheit von rund 80.000 deutschsprachigen Menschen in Ostbelgien, indem es sie als sechstes Bundesland anerkennt." Paasch erinnerte an die vielen Gemeinsamkeiten Südtirols mit der ostbelgischen Gemeinschaft, angefangen bei einer ähnlich erfreulichen Entwicklung der Autonomie über das Leben an der Schnittstelle zwischen germanischem und romanischem Kulturraum bis hin zur institutionellen Zusammenarbeit bei Minderheitenfragen seit genau 30 Jahren.
Auch die Landeshauptleute aus dem nördlichen und südlichen Nachbarland, den beiden Euregio-Partnerländern Tirol und Trentino, hoben in ihren Grußworten die Sonderstellung der Südtirol-Autonomie hervor.
"50 Jahre Zweites Autonomiestatut bedeuten auch 50 Jahre harte Arbeit", betonte der Landeshauptmann von Tirol. "Südtirol hat eine schmerzhafte Geschichte hinter sich. Die Autonomie hat dem Land unglaublich viele Möglichkeiten zur Entwicklung gegeben. Die große Dynamik dieser Autonomie, die ständig angepasst und weiterentwickelt werden muss, ist einzigartig in Europa." Tirols Landeshauptmann verwies darauf, dass die Autonomie auch ein Schlüssel für die Subsidiarität und damit auch ein wesentlicher Faktor für das Europa der Regionen sei. "Sie ist zudem der Schlüssel für die hervorragende Zusammenarbeit in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino", erklärte der Landeshauptmann von Tirol. "Zahlreiche Projekte – vom Brenner Basistunnel über das Naturgefahrenmanagement bis zum Bereich Bildung und Forschung zeigen, dass die Euregio lebt. Dass dies möglich wurde, verlangte großes politisches Geschick und ist auch dem Fleiß und der Hartnäckigkeit der Südtiroler Bevölkerung geschuldet."
Der Euregio-Präsident und Landeshauptmann des Trentino unterstrich, "dass uns die Autonomie eine außergewöhnliche Entwicklung gebracht hat. Zeitgleich hat sie unseren Ländern ermöglicht, Beziehungen auf europäischer Ebene aufzubauen. Anlässlich des 5. Septembers erinnern wir an die Bedeutung des Pariser Vertrags 1946 und die nachfolgenden komplexen Verhandlungen. Heute können wir sagen, dass die positive Lösung der Südtirol-Frage auch für das Trentino und seine Bevölkerung neue Wege eröffnet hat." Dies sei Ergebnis einer weitsichtigen Politik, aber gleichzeitig auch ein gemeinsames Erbe und die Aufgabe, daran weiterzuarbeiten: "So war es uns dank einer verantwortungsvollen Ausübung der Autonomie auch möglich, mit der Gründung und Stärkung der Euregio immer intensiver grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten. Dank des ständigen Austauschs und der Verständigung zwischen dem Trentino und Südtirol ist es heute auch möglich, auf regionaler Ebene neue gemeinsame Themen zu finden." Der Trentiner Landeshauptmann verwies auf große bevorstehende Herausforderungen: "Auch bei diesem Blick in die Zukunft werden uns die bisher aufgebauten Formen der Zusammenarbeit als solide Grundlage dienen."
Eine Hommage an die Autonomie des Landes Südtirol und die beiden Vertragsstaaten stellte schließlich das umfangreiche musikalische Programm dar: Das Haydn Orchester unter der Leitung von Diego Ceretta hatte passend dazu nicht nur Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Giuseppe Verdi ausgesucht, sondern auch vom zeitgenössischen, in Genua geborenen Komponisten Marcello Fera, der Meran zu seiner Heimat gemacht hat. Zudem spielte Chantal Romana Veit aus Bozen auf der Querflöte ein Concertino für Flöte und Orchester von Cecile Chaminade, für das sie im Mai 2022 in Wien mit dem Klassik-Nachwuchspreis "Goldene Note" ausgezeichnet worden war. Den feierlichen Abschluss der Veranstaltung bildete schließlich die Europahymne, den der Landesjugendchor Südtirol unter der Leitung von Johann van der Sandt gemeinsam mit dem Haydn Orchester vortrug.
Schon vor dem Festakt hatte beim Empfang auf der Kurpromenade die "Böhmische" der Musikkapelle Untermais die Ehrengäste musikalisch begrüßt.
Südtirols Autonomie im Überblick
Das Zweite Autonomiestatut war das Ergebnis langjähriger, zäher Verhandlungen. Die Grundlage dafür bietet das völkerrechtlich bindende Gruber-Degasperi-Abkommen (Pariser Vertrag) vom 5. September 1946. Es folgte das Erste Autonomiestatut vom Februar 1948, das kaum direkte Autonomie für Südtirol, sondern weitgehend für die neu geschaffene "Region Trentino-Alto Adige/Tiroler Etschland" vorsah. Es folgten Jahre des Unbehagens in Südtirol mit Protesten und Widerstand. Österreich als Vertragspartei des Pariser Vertrags warf die Südtirolfrage schließlich vor den Vereinten Nationen auf. Schließlich stand ein Kompendium aus 137 Maßnahmen zur Diskussion: Dieses "Paket" nahm die Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei am 22. November 1969 mit knapper Mehrheit an und machte so den Weg frei für das Zweite Autonomiestatut, das am 20. Jänner 1972 in Kraft trat. Es bildet bis heute die Grundlage der umfassenden Autonomie Südtirols.
Autonomie nachlesen:
Den historischen Rahmen der Südtirol-Autonomie umreißt der Historiker Oswald Überegger, Professor an der Freien Universität Bozen, in seinem Artikel "Mit langem Atem", den er für eine Autonomie-Sonderausgabe des vom Land Südtirol herausgegebenen Magazins LP geschrieben hat.
Einen kürzeren Einblick in Geschichte, Inhalte und Perspektiven der Südtirol-Autonomie gibt das Autonomie-Internetportal des Landes Südtirol.
Umfassende Informationen finden Interessierte schließlich in einer Sonderpublikation anlässlich des Jubiläums "50 Jahre Zweites Autonomiestatut".
Link zur Originalaussendung mit den eventuellen dazugehörigen Fotos, Videos und Dokumenten
gst/mpi
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