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Ausstellung zur Grödner Bahn im Museum Ladin eröffnet

LPA - Sie wurde 1916 von russischen Gefangenen in Rekordzeit errichtet, befuhr 46 Jahre lang die Strecke Klausen-Plan, diente zuerst Kriegszwecken und später dem Tourismus und wurde 1960 schließlich stillgelegt. Um die Grödner Bahn, ihre Geschichte und Zukunftsszenarien geht es bei der Ausstellung „Endstation Zukunft“, die heute, 27. Mai, im Museum Ladin in St. Martin in Thurn eröffnet wurde.

Die Eisenbahnlinie Innsbruck-Kufstein wurde 1858 als erste Tirols errichtet. Unmittelbar danach folgten die Linien Bozen-Verona und Bozen-Innsbruck, die Pustertaler, die Vinschger und die Überetscher Bahn, die Rittnerbahn, die Linie Bozen-Meran und einige Linien im Trentino. Die Grödner Bahn kam erst während des Ersten Weltkriegs an die Reihe, und zwar aus einem strategischen Anlass: Der Krieg warf durch seine Front in den Dolomitenbergen das Problem des Nachschubs auf. So wurden an verschiedenen Stellen Bahnlinien im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden gestampft, so auch in Gröden.  Mit der Eisenbahn konnte die Dolomitenfront und die dort kämpfenden Truppen besser mit Vorrat und Kriegsmaterial versorgt werden.

Die Ausführung der Bahnlinie erfolgte in raschester Zeit: Es wurde auf ein altes, bereits 1906 vorhandenes Projekt zurückgegriffen, ans Werk gingen hauptsächlich russische Kriegsgefangene, die die Trasse von Klausen bis Plan unter sehr harten Lebens- und Arbeitsbedingungen in Rekordzeit, nämlich in fünf Wintermonaten, errichteten. Die erste Fahrt erfolgte im Februar 1916.

Die ersten zwei Jahre der Grödner Bahn gingen als deren Glanzzeit in die Geschichte ein: Täglich brachte sie 400 Tonnen Kriegsmaterial nach Plan, wo dieses schließlich mit Standseilbahnen und einem sehr umfangreichen Seilbahnnetz über das Grödner- und Sellajoch zu den Kampfstellungen an der Front weitertransportiert wurde.

Im November 1917 verlor die Bahn jedoch an strategischer Bedeutung, da das österreichisch-ungarische Heer bis zum Fluss Piave voranschreiten konnte. Nach dem Krieg – im Jahr 1920 – ging die Bahn in Besitz der italienischen Eisenbahngesellschaft „Ferrovie dello Stato“ über.

Einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung erfuhr die Bahn zwar mit dem wachsenden Tourismus in den Dolomiten und den neuen Exportmärkten der Grödner Holzschnitzkunstprodukte. Die begrenzte Geschwindigkeit der Bahn blieb allerdings ein Problem: Bergaufwärts schaffte sie nur 14, bergab 18 Stundenkilometer. Dazu kamen noch die vielen Übergänge der Straße (auf einer Strecke von nur zwei Kilometern überquerte die Grödner Bahn die Straße ganze zwölf Mal). Eine Modernisierung wurde als notwendig erachtet, doch die italienische Eisenbahngesellschaft war dagegen. Dazu gesellte sich der PKW-Verkehr, der die alte, schnaubende, langsame Dampflokomotive nach und nach verdrängte. Im Jahr 1960 fiel die Bahn, die heute wahrscheinlich eine bestens zu vermarktende Touristen-Attraktion wäre, schließlich der Einstellungswelle von Lokalbahnen zum Opfer. Ihre letzte Fahrt war am 29. Mai.

An die Grödner Bahn erinnern heute noch einige Kilometersteine, Tunnels, Viadukte, das Denkmal von Feldmarschall Conrad von Hötzendorf und die einzig erhaltene Lokomotive auf dem Platz des ehemaligen Bahnhofes in St. Ulrich.

Das Museum Ladin Ćiastel de Tor widmet der Grödner Bahn nun die Sonderausstellung „Endstation Zukunft – Die Grödner Bahn zwischen Erinnerungen und Visionen“, die heute abend (27. Mai) von Othmar Parteli (Direktor der Landesabteilung Museen), Heinrich Huber (Präsident des wissenschaftlichen Fachbeirates des Museums), Stefan Planker (Direktor des Museum Ladin und Kurator der Ausstellung) sowie Peter Mussner (Bürgermeister von Wolkenstein) und der Verfasserin der Ausstellungstexte Elfriede Perathoner eröffnet wurde.

Texttafeln, ein Modell des Bahnhofs von St. Ulrich, Modelle einiger Lokomotiven, Projekte und bürokratische Dokumente zum Bau der Bahn, Fahrkarten (auch jene der allerletzten Fahrt der Grödner Bahn im Jahr 1960), Videos, Interviews mit Verwandten von Arbeitern, welche die Grödner Bahn gebaut hatten, Erinnerungen an die Russen, die Beschreibung von Tunnels, Viadukten und Brücken, Informationen zu den damaligen Un(glücks)fällen und über 100 Fotos vermitteln Wissenswertes zu den wichtigsten Etappen der Geschichte der Bahn und zu einigen Zukunftsvisionen. Besonders interessant ist die Darstellung eines Sitzplatzes der Grödner Bahn: Mit einem als Zugfenster “getarnten” Touch-screen kann sich der Besucher hier auf eine virtuelle Reise entlang der damaligen Trasse begeben.

Die Ausstellung kann bis zum  31. Oktober 2011 im Museum Ladin auf Ćiastel de Tor in St. Martin in Thurn und vom 11. November 2011 bis 5. Februar 2012 im Zentrum für kulturelle Veranstaltungen „Tublà da Nives“ in Wolkenstein besucht werden.

SAN

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