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Landesregierung erläutert Folgen der Volksabstimmungen

(LPA) Sind die Volksabstimmungen von Sonntag einmal vorbei, stellt sich unweigerlich die Frage: was nun? Welche Auswirkungen, welche Folgen hätten die zur Abstimmung vorgelegten Entwürfe, wenn sie denn angenommen würden? Auf diese Fragen hat die gesamte Landesregierung heute (22. Oktober) Antworten gegeben.

Ziel der Landesregierung ist, den Bürgern eine möglichst vollständige Information zu den rechtlichen Auswirkungen der Volksabstimmungen zu geben. Ein Teil dieser Informations-Maßnahmen waren die Professoren-Gutachten, die die Vereinbarkeit der zur Abstimmung vorgelegten Gesetzentwürfe mit dem EU-Recht und der Verfassung überprüfen sollten (und dabei ernste Zweifel angemeldet hatten), der zweite Schritt war heute jener, die Bürger darüber aufzuklären, welche konkreten Folgen sich aus den Gesetzentwürfen ergäben, so sie denn angenommen würden.

Eines hat die Landesregierung allerdings vorneweg betont: Man wolle weder die Volksabstimmungen torpedieren, noch eine Wahlempfehlung abgeben. "Wir sind sicher, dass die Bürger mündig genug sind, sich eine eigene Meinung zu bilden und entsprechend zu entscheiden", hieß es heute. Dieser Meinung könne in vier möglichen Arten Ausdruck verliehen werden: Die Wähler könnten zu den Abstimmungen gehen, um sich für oder gegen einen Entwurf auszusprechen oder aber sich zu enthalten. Die vierte Möglichkeit sei schließlich jene, gegen die Volksabstimmungen zu "stimmen", indem man nicht zur Abstimmung gehe, gilt für die Gültigkeit der Abstimmungen doch ein Beteiligungsquorum von 40 Prozent.

Entwurf für Entwurf hat die Landesregierung heute die Volksabstimmungen abgehandelt, beginnend mit jener zum Wohnbau. Diese falle in ihrem einen Teil - jenem, der den Zugang zum Mietgeld betrifft - mit der Forderung nach der fünfjährigen Ansässigkeit für Nicht-EU-Bürger hinter die geltende Regelung zurück, sieht die Regelung heute doch nicht nur eine fünfjährige Ansässigkeit, sondern auch eine dreijährige Arbeitstätigkeit als Voraussetzungen für den Zugang zum Mietgeld vor. Was dagegen die zehnjährige Ansässigkeit betrifft, die die Promotoren als Voraussetzung für die Zuweisung einer Mietwohnung des Wohnbauinstituts vorsehen, so sei diese Forderung verfassungswidrig und verstoße gegen den EU-weit geltenden Grundsatz des Diskriminierungsverbots.

"Etikettenschwindel" hat die Landesregierung den Promotoren heute in Bezug auf den "Stopp dem Ausverkauf der Heimat" überschriebenen Gesetzentwurf vorgeworfen. "Keiner ist gegen Maßnahmen, mit denen der Ausverkauf der Heimat unterbunden werden soll, was der Gesetzentwurf enthält, ist allerdings das genaue Gegenteil: eine Einladung zum Ausverkauf", hieß es heute. So sehe der Entwurf etwa eine maximale Sanktion in Höhe von 20.000 Euro vor, sollten die Bestimmungen zu den "Freizeitwohnsitzen" verletzt werden. "Mit 20.000 Euro könnte sich jeder freikaufen und damit seine Wohnung frei und ohne jede Bindung frei verkaufen", so die Landesregierung. Verglichen mit den herrschenden Wohnungspreisen komme dies einer Einladung zum Gesetzesbruch gleich.

Der Entwurf zöge zudem unterschiedlichste weitere Probleme nach sich, würde er Gesetzeskraft erlangen. So würden die Antragsteller im sozialen und geförderten Wohnbau sowie die Programme für den Mittelstands-Wohnbau blockiert, weil Rechtsunsicherheit herrschen würde. Ähnliches gelte für den Urlaub auf dem Bauernhof, der im Entwurf nicht vorgesehen ist, was zur Folge hätte, dass entsprechende Wohnungen als "Freizeitwohnsitze" eingestuft würden und daher in etlichen Gemeinden nicht mehr genehmigt werden dürften. Gemeinden könnten zudem, anders als heute, ganze Zonen für Freizeitwohnsitze im Bauleitplan ausweisen. "Das geltende Prinzip, wonach der überwiegende Teil der Fläche dem sozialen und geförderten Wohnbau vorbehalten werden muss, würde aus den Angeln gehoben", so die Meinung der Landesregierung. Darüber hinaus müsste die Baukostenabgabe von allen eingehoben werden, die derzeit geltenden Ausnahmen für Erst- oder konventionierte Wohnungen seien nicht mehr möglich.

Auf eine paradoxe Situation hat die Landesregierung darüber hinaus im Zusammenhang mit den beiden zur Abstimmung vorgelegten Entwürfen zur Direkten Demokratie hingewiesen: Sollten beide Entwürfe angenommen werden, müssten beide in Kraft treten. Allerdings sind die Entwürfe in weiten Teilen durchaus widersprüchlich. "Man wüsste demnach nicht mehr, welche Bestimmung angewandt werden müsste", hieß es heute.

Allerdings geht die Kritik der Landesregierung an den Entwürfen über diese Rechtsunsicherheit hinaus. Mit den beiden Entwürfen werde in ein bestehendes, gut funktionierendes und von vielen als vorbildhaft gesehenes Verwaltungssystem eingegriffen, es würden Grundsätze dieses Systems geändert, sodass es nicht mehr greifen könne. "Die Folge wäre ein Regierungschaos", so die einhellige Meinung der Landesregierung.

Bezug nahm die Landesregierung heute etwa auf die Tatsache, dass die vorgeschlagene neuen Regelung der Direkten Demokratie eine Abstimmung über jede Verwaltungsmaßnahme möglich mache, die entweder jährliche Kosten von über einer Million Euro bzw. einmalige Kosten von mehr als fünf Millionen Euro nach sich ziehe. Jeder entsprechende Beschluss dürfte nicht mehr direkt rechtswirksam werden, sondern müsste zunächst im Amtsblatt veröffentlicht werden. Innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums müssten sich - je nach Vorschlag - drei oder 20 Personen finden, die eine Volksabstimmung anstreben, woraufhin diesen ein Zeitraum von mehreren Monaten eingeräumt wird, um die nötigen Unterschriften zu sammeln. "Egal, ob diese Unterschriften erreicht werden: Es genügen drei bzw. 20 Leute, um den Beschluss über Monate zu blockieren", so die Landesregierung.

Darüber hinaus könnten sich Gemeinden oder Bezirke an die Stelle der Landesregierung setzen und landesweit verbindliche Beschlüsse treffen. Zudem fürchtet die Landesregierung die Auswirkung auf Sozial- und Umweltprojekte (etwa in Form von Ablehnungen von Einrichtungen, die keine Gemeinde haben will, die aber notwendig sind). Auch Fachpläne und Bauprojekte könnten so gestoppt werden, letztere sogar noch während des Baus. "Konkret heißt dies, dass etwa das Pustertal darüber entscheiden könnte, ob die Umfahrung von Kastelbell gebaut wird", so ein heute genanntes Beispiel. "Die Landesregierung kann im Bereich der Bauten damit nichts mehr beschließen, sondern nur mehr vorschlagen, eine sinnvolle Planung wäre nicht mehr möglich, viele notwendige Projekte könnten nicht verwirklicht werden", so das Fazit.

Sorgen bereitet der Landesregierung auch, dass durch die extensivste Auslegung der Instrumente der Direkten Demokratie ein vor allem mit Blick auf die hier lebenden Volksgruppen sorgfältig austariertes System des Minderheitenschutzes ins Wanken gebracht werden könnte. "Unsere Befürchtung ist die, dass eine Volksgruppe über die andere entscheiden wird", so der Tenor. Selbiges gelte für bestimmte Minderheiten, die riskieren würden, übervorteilt zu werden, oder im Verhältnis von Stadt und Land. Dicht besiedelte Gebiete könnten über das Schicksal der ländlichen Räume entscheiden, die ausgleichende Funktion, die derzeit die Politik innehabe, werde ausgeschaltet.

Kritik an der Diskrepanz zwischen Titel und Inhalt gab's heute schließlich auch beim Entwurf, der eine "Eindämmung des Flugverkehrs" verspricht, indem das Land sich aus dem Bozner Flughafen zurückziehe. Großer Wert wurde heute auf die Tatsache gelegt, dass der Flughafen Bozen nicht stillgelegt werde, sollte sich das Land daraus zurückziehen. Der Flughafen sei im Besitz des Staates, dieser könne über die Luftfahrtbehörde ENAC einen neuen Konzessionär einsetzen. Falle aber die kommerzielle Fliegerei weg, fielen auch all die Einschränkungen weg, die diese mit sich bringe. Das Ergebnis sei, so die Landesregierung, nicht eine Eindämmung, sondern eine Steigerung der Flugbewegungen. So würden heute nur noch rund halb so viele militärische Flüge gezählt wie vor zehn Jahren und auch die Sportfliegerei sei um etwa den selben Prozentsatz auf derzeit rund 11.500 zurückgegangen. Zum Vergleich: Der Flughafen Trient hat keinen kommerziellen Flugbetrieb, dafür aber rund 32.000 Flugbewegungen jährlich, die nur der Sportfliegerei zuzuschreiben seien.

Auch das Argument, die Kosten für den Flughafen fielen weg, wenn der kommerzielle Flugbetrieb eingestellt werde, lässt die Landesregierung nicht gelten. Vielmehr seien alle Anlagen und das Boden- sowie das Sicherheitspersonal auch weiterhin zu bezahlen, solange der Flughafen - wie dies im Entwurf der Promotoren vorgesehen ist - für Rettungs-, Organ- oder Zivilschutzflüge offen bleibe.

chr

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