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Sommerpressekonferenz von LH Durnwalder: „Intensives Jahr“

(LPA) Von der Umsetzung der EU-Programme über die „schwierigen“ Beziehungen zur römischen Regierung bis hin zu einem voraussichtlich schrumpfenden Landeshaushalt und zum Landesfestumzug im September: Wie bereits gewohnt hat Landeshauptmann Luis Durnwalder heute (13. August) im Rahmen seiner Mittsommerpressekonferenz in Pfalzen einen weiten Bogen von Brüssel über Rom bis nach Bozen gespannt.

Sommerpressekonferenz von LH Durnwalder (FOTO:LPA/Pertl)

Als „sehr intensives Jahr“ hat Landeshauptmann Durnwalder etwa jenes in Sachen Europapolitik bezeichnet. Es sei in den letzten Monaten darum gegangen, die EU-Programme für die Jahre bis 2013 auf den Weg zu bringen. „Alle Programme zusammengenommen stehen uns für diesen Zeitraum rund 700 Millionen Euro zur Verfügung“, so Durnwalder. Diese Mittel seien auf die Jahre aufgeteilt und die Hälfte aller Projekte auch bereits ausgeschrieben worden.

Was die Umsetzung der EU-Programme betrifft, so sei Südtirol immer unter den besten Regionen Europas zu finden gewesen. Und auch die drei EU-Kommissare (Hübner, Orban, Piebalgs), die in den letzten Monaten Südtirol besucht haben, seien voll des Lobes über die Umsetzung der EU-Programme gewesen.

Ein besonderes Anliegen der Landesregierung auf EU-Ebene sei nun die Lobbyarbeit für ein eigenes Sonderprogramm für die Berglandwirtschaft. In dieser Optik sei auch der Besuch von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel zu sehen, die im September nach Südtirol kommen soll. „Unsere Überzeugungsarbeit war eine intensive, jetzt bin ich allerdings überzeugt, dass das Sonderprogramm für die Berglandwirtschaft auch kommen wird“, so Durnwalder.

 

Wenig erfreuliches hatte Durnwalder zum Verhältnis zwischen Bozen und Rom zu berichten. „Die Zusammenarbeit wird immer schwieriger“, so der Landeshauptmann. Es fehle an Ruhe, Sicherheit und Gewissheit im Kontakt mit der römischen Regierung. Allerdings sei es grundlegend, dass man mit der Regierung in Kontakt bleibe, „und zwar ohne unsere Rechte einzuschänken, denn die haben wir, unabhängig von unserer Position der Regierung gegenüber“, so Durnwalder, der auch eine Reihe von Entscheidungen aufzählte, die für Südtirol negative Folgen mit sich brächten: vom Steuerföderalismus über das Krisenpaket und die darin vorgesehenen Streichungen von Mitteln bis hin zum staatlichen Gesundheitsfonds. Weiterhin säumig sei man in Rom auch bei der Bestellung des Staatsvertreters in der 137er Kommission, des italienischen Schulamtsleiters oder des zweiten Südtiroler Vertreters im Staatsrat, mit der Erneuerung der RAI-Konvention oder der Übertragung neuer Zuständigkeiten an das Land. „Es handelt sich großteils um Probleme, die sehr einfach zu lösen wären, würde man sie nicht dauernd als Druck- oder Lockmittel einsetzen“, so Durnwalder.

Mit seinem Überblick in Bozen angelangt, betonte Durnwalder heute, dass er das Gespräch mit der Landtags-Opposition suchen wolle. Bereits in den nächsten Wochen solle eine Gesprächsrunde vorgesehen werden, in der über grundsätzliche Fragen diskutiert werden solle. Nicht zuletzt soll es darin auch um eine Überarbeitung der Geschäftsordnung des Landtags gehen. „Es geht schließlich nicht an, dass ein einziger Abgeordneter durch seine Obstruktion jedes beliebige Gesetz zu Fall bringen kann“, so Durnwalder.

Stellung bezog der Landeshauptmann heute auch zum Vorschlag eines Landesrechnungshofs. Ein solcher sei für ihn nur akzeptabel, wenn er den staatlichen Rechnungshof ersetze. „Ansonsten bauen wir nur ein zusätzliches Kontrollorgan auf, das jedes Vorhaben verlängert und verkompliziert“, erklärte Durnwalder. Eine Kontrolle würde bereits vom staatlichen Rechnungshof ausgeübt, auch wenn dieser in den letzten Wochen immer wieder „über das Ziel hinausgeschossen sei“, etwa in Sachen Energie, bei der Beurteilung von Beiträgen für Vereine oder der Notwendigkeit eines Flughafens. „Eine rechtliche Kontrolle ist notwendig, politische Entscheidungen müssen aber uns überlassen bleiben“, so der Landeshauptmann.

 

Unter die Lupe genommen hat Durnwalder heute auch die Situation rund um das Zusammenleben der Sprachgruppen in Südtirol. Dieses sei, so der Landeshauptmann, grundsätzlich besser, als viele – aus politischen Gründen – glauben machen wollten. Trotzdem werde man alles tun, um es weiter zu verbessern. Als „beunruhigend“ bezeichnete Durnwalder die aufkeimenden Extremismen auf beiden Seiten. „Wir wollen sicher nichts dramatisieren, wir wollen diesen Jugendlichen aber klar machen, dass sie nicht nur eine Zeit verherrlichen, die für Südtirol eine Katastrophe war, sondern sich auch die eigene Zukunft verbauen“, so der Landeshauptmann. Gemeinsam mit Eltern, Vereinen und Verbänden müsse man die Jugendlichen „auf den richtigen Weg bringen, jenen moderner, aufgeschlossener Europäer, die nach vorne schauen“, erklärte Durnwalder.

 

Ähnliches betonte der Landeshauptmann auch für den Landesfestumzug im September in Innsbruck. Dieser stelle eine einmalige Gelegenheit dar, Tirol als modernes, offenes, aufgeschlossenes Land im Herzen Europas zu präsentieren. „Wenn wir den Umzug aber nur nutzen, um zu provozieren und zurückzuschauen, dann vertun wir diese einmalige Chance“, so Durnwalder.

 

Breiten Raum in Durnwalders Ausführungen nahmen heute die Wirtschaftskrise und deren Folgen für Südtirol ein. „In dieser Krise bewährt sich wieder einmal die realistische Wirtschaftspolitik, die wir in den letzten Jahrzehnten betrieben haben: die Stärkung kleiner und mittlerer Betriebe sowie die Verteilung der Arbeitsplätze auf das ganze Land“, so der Landeshauptmann. Deshalb sei Südtirol bisher in der Krise auch mit einem blauen Auge davongekommen. Zwar habe die Zahl der Arbeitslosen um rund 2000 zugenommen, jene der Arbeitnehmer in Lohnausgleich oder Mobilität um 1300, doch sei auch die Beschäftigung im selben Zeitraum insgesamt sogar noch gestiegen.

Die Landesregierung habe versucht – und versuche weiter – mit geeigneten Maßnahmen gegen die Krise anzugehen. Durnwalder nannte als Beispiele die Aufstockung des Rotationsfonds für die Wirtschaftsförderung, die Mittelstandsförderung, die Senkung der Unternehmenssteuer IRAP oder die Arbeitsbeschaffung durch die Förderung energetischer Sanierungen, durch Kubaturbonus oder das Bauprogramm auf den Militärarealen.
Zudem wolle man neue Wege bei der Beschaffung von Liquidität für die Unternehmen geben, etwa durch mehr vom Land bereitgestelltes Risikokapital oder von den Banken ausgegebene Obligationen, für die das Land bürgen wolle. Auch soll das System der Garantiegenossenschaften durch eine Zusammenlegung der bisher bestehenden drei Genossenschaften und eine Öffnung für alle Wirtschaftsbereiche erreicht werden.

 

Als einen Schwerpunkt bezeichnete Durnwalder darüber hinaus den Abbau von Bürokratie. „Einige der entsprechenden Regelungen liegen bereits im Landtag zur Behandlung auf, einige andere werden in den nächsten Wochen von der Landesregierung beschlossen“, so Durnwalder. Und auch zur Neuregelung der Ausschreibungen nahm der Landeshauptmann Stellung: Das Land sei mehrfach von Rom und Brüssel gemahnt worden, sich an das geltende Recht anzupassen. Dieses sehe eine Schwelle von 200.000 Euro vor, über der Aufträge auf europäischer Ebene ausgeschrieben werden müssten. „Wenn eine weitere rechtliche Überprüfung auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür liefern sollte, dass wir die Schwelle wieder auf eine Million Euro erhöhen können, werden wir dies mit Freude tun“, so Durnwalder.

 

Einen Blick warf der Landeshauptmann auch auf den Landeshaushalt 2010, der um 300 bis 400 Millionen Euro geringer ausfallen werde als der laufende. Dies sei auf die krisenbedingt niedrigere Wirtschaftsleistung und daraus resultierende niedrigere Steuereinnahmen zurückzuführen. „Diese Summe entspricht den Mitteln für die Wirtschaftsförderung, es wird also notwendig sein, sie andernorts einzusparen“, so Durnwalder. „Es wird notwendig sein, dass wir bei der Landesförderung noch stärker auf Schwerpunkte setzen und dafür andere bisher vorgesehene Beiträge gänzlich streichen“, erklärte der Landeshauptmann.

 

Auch für die Arbeitnehmer habe man bereits eine Reihe von Krisen-Maßnahmen getroffen. So wurde die Möglichkeit des Lohnausgleichs auch auf Entlassene kleiner Unternehmen ausgeweitet, die Familienzulagen der Region angepasst, die Aussetzung von Raten der Wohnbaudarlehen und auch die Stipendienvergabe in Notfällen vorgesehen.

 

In Sachen Ausbildung betonte der Landeshauptmann, dass Südtirol auf ein sehr gutes, modernes Bildungssystem bauen könne. Allerdings sei es notwendig, den Zweitspracherwerb zu verbessern. Dazu müsste allerdings auch die Einstellung in den Elternhäusern der zweiten Sprache gegenüber geändert werden. „Eine zweite Sprache lernen zu dürfen, muss als Bereicherung aufgefasst werden“, so Durnwalder, der heute vorgeschlagen hat, etwa an italienischen Schulen ganze deutschsprachige Züge einzurichten. „So werden Italiener, die die deutsche Schule besuchen wollen, nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen“, erklärte der Landeshauptmann, der auch für eine bessere Ausbildung und Vorbereitung der Zweitsprachlehrer eintritt.

„Unbedingt notwendig“ sei zudem die Einführung der Berufsmatura. „Wir brauchen ein durchlässiges Schulsystem und klare Verhältnisse“, so Durnwalder, der sich optimistisch zeigte, dass das Ziel Berufsmatura trotz der derzeitigen Schwierigkeiten in Rom erreicht werden könne.

 

Auf einige Änderungen müsse man sich in nächster Zukunft im Gesundheitssystem gefasst machen. „Es ist klar, dass wir auch in den Bezirken die Grundversorgung aufrecht erhalten, gleichzeitig werden die Spezialisierungen aber auf das ganze Land verteilt“, so der Landeshauptmann. Parallel dazu würden im Verwaltungsbereich des Gesundheitsbetriebs rund 50 Führungsstellen eingespart.

 

Auch zur Energie hat Landeshauptmann Durnwalder heute in Pfalzen Stellung genommen: Die Übernahme von 60 Prozent der Anteile an der Südtiroler Wasserkraft der Edison sei bereits über die Bühne gegangen, mit Enel hoffe er in den nächsten Wochen auf einen unterschriftsreifen Vertrag. Schwierigkeiten gebe es derzeit noch mit der Beteiligung der Gemeinden. „Es ist schließlich nicht üblich, einen Dritten an einem Kauf zu beteiligen“, so Durnwalder. Trotzdem habe man den Gemeinden eine 20-prozentige Beteiligung angeboten. „Eine Beteiligung umfasst aber alle Bereiche, also Einnahmen wie Ausgaben“, so der Landeshauptmann.

 

Auf einem guten Weg sieht Durnwalder die Realisierung des Brennerbasistunnels. Die Finanzierung stehe, der Tunnel werde gebaut. Ein großer Verlust sei allerdings der Tod von EU-Koordinator Karel van Miert. „Es ist notwendig, schnellstmöglich einen neuen Koordinator zu ernennen, der von allen Seiten das nötige Vertrauen genießt“, so Durnwalder, der heute den ehemaligen italienischen Verkehrsminister Pietro Lunardi ins Gespräch gebracht hat.

 

In Sachen Bozner Flughafen betonte Durnwalder heute, dass dieser nicht geschlossen werden könne, weil er militärisch genutzt werde. „Ich bin der Meinung, dass auch für die Anrainer ein kontrollierter, mäßiger ziviler Flugverkehr akzeptabler ist, als eine ungeregelte Nutzung von Seiten des Militärs und der Sportfliegerei“, so der Landeshauptmann. Ziel sei, vier tägliche Flüge nach Rom zu garantieren und „in nächster Zukunft“ auch je einen nach Wien und Frankfurt. „Die Kosten für die Flughafenstruktur übernehmen wir wie jene für Bahnhöfe oder Busstrukturen“, so Durnwalder.

 

Aufgrund der Mittelknappheit eingeschränkt werde die Realisierung von Straßenprojekten. „Wir haben, grob gerechnet, in den nächsten acht Jahren keinen Platz für neue Projekte, weil die zur Verfügung stehenden Mittel für die bereits begonnenen oder geplanten eingesetzt werden müssen“, so der Landeshauptmann, der als Beispiele die Umfahrungen von Meran, Leifers oder Brixen angeführt hat.

 

Einen Blick warf Durnwalder schließlich auch auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Jene in der Euregio funktioniere bestens. „Wir arbeiten intensiver zusammen, als dies nach außen vielleicht oft den Anschein hat“, so der Landeshauptmann. Auch mit Trient pflege man eine ausgezeichnete Zusammenarbeit etwa auf Ebene der Region, wo als große Brocken die Neuregelung von Gemeinderatswahlen und der Rolle der Gemeindesekretäre anstünden. 

chr

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