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Neue archäologische Funde in der Unterinner Pfarrkirche zur hl. Lucia
LPA - Im Zuge der Renovierung der Unterinner Pfarrkirche zur hl. Lucia sind in den vergangenen Monaten archäologische Untersuchungen durchgeführt worden, die nach den Worten der Archäologen des Landesamtes für Bodendenkmäler, Lorenzo Dal Ri und Umberto Tecchiati, neue Einblicke in die Geschichte der Kirche und seiner Umgebung ermöglichen.
Die erste Erwähnung der Kirche zur hl. Lucia geht auf das Jahr 1211 zurück. Dabei ist von der wichtigsten Kirche am Ritten die Rede, die seit jeher als Pfarrkirche diente. Die Kirche wurde auf einem felsigen Hügel errichtet, der eine ausgedehnte Geländeterrasse mit dem Dorfkern überragt. Sowohl urgeschichtliche als auch römerzeitliche Funde sind aus dieser Gegend bekannt. Die neuen Untersuchungen wurden Ende vergangenen April aufgenommen - nachdem bereits Teile der archäologisch relevanten Schichten entfernt worden waren - und nahmen zwei Monate in Anspruch. Danach konnte die beauftragte Baufirma mit ihren Arbeiten fortfahren, um die Kirche bis zum kommenden Oktober wieder für die Gläubigen zugänglich zu machen.Einige der archäologisch relevanten Schichten wurden nicht untersucht, da sie sich unterhalb der für die Verlegung des neuen Bodens vorgesehenen Aushubtiefe befinden, und man sich deshalb entschloss, die anstehenden Bauarbeiten nicht zu sehr zu beeinträchtigen. Die Untersuchungen wurden zur Gänze vom Landesamt für Bodendenkmäler finanziert, von dessen Mitarbeiter Umberto Tecchiati geleitet und koordiniert und von der Grabungsfirma C.S.R. (Cooperativa Scavi e Restauri) aus Bozen durchgeführt.
Zu den ersten archäologisch interessanten Objekten, die zum Vorschein kamen, zählen einige römerzeitliche Münzen aus dem 3. und 4. Jh. n. Chr. Sie sind deshalb von besonderer Bedeutung, da man immer davon ausgeht, dass ein Teilstück der römerzeitlichen Straße durch das Eisacktal entlang führte, die nach dem Anstieg aus dem Bozner Talkessel bei Kollmann, Waidbruck wieder in das Tal zurückführte. Bei der Schicht, aus denen die Münzen stammen, handelt es sich laut Grabungsleiter Tecchiati um ein "ausschließlich römerzeitliches Niveau", von dem sich nach den zunächst unbeaufsichtigt erfolgten Baggereingriffen nur wenige Reste erhalten haben.
Über den römerzeitlichen Schichten wurde, so die Landesarchäologen, möglicherweise zu Beginn des Mittelalters eine erste kleine Kirche errichtet. Da größere Mauerreste davon fehlen, kann ihr Bestand nur hypothetisch rekonstruiert werden. Sie bestand wahrscheinlich aus einem rechteckigen Saal und einer halbkreisförmigen Apsis.
Wie die Untersuchung der Schichten gezeigt hat, dürfte die auf einem schräg abfallenden Felsen errichtete Apsis einmal fast zur Gänze eingestürzt zu sein. Bei ihrem Wiederaufbau wurde gleichzeitig auch das Kirchenschiff verlängert. Zwischen dem 15. und 16. Jh. n. Chr. wurde die Kirche der neuen gotischen Stilrichtung entsprechend umfassend umgebaut. Die halbkreisförmige Apsis wurde abgerissen um einem quadratischen Chor mit polygonaler Apsis Platz zu machen. Von der einstigen Kirche behielt man einzig die Süd- und Nordmauern bei, während die restlichen Außenmauern neu aufgezogen wurden, um das Kirchenschiff zu vergrößern, das nunmehr zweischiffig war, was - so die Fachleute - eigentlich sehr ungewöhnlich ist.
Später, möglicherweise noch im 16. Jh., wurde die Kirche ein weiteres Mal vergrößert, wobei der südliche Teil erweitert wurde und die Pfeiler, die das Kirchenschiff unterteilten, entfernt wurden. Alle Bauphasen sind durch einen dazugehörenden Bodenbelag charakterisiert. Im Barock wurde die Kirche nur unwesentlich verändert, abgesehen davon, das die polygonale Apsis aus gotischer Zeit entfernt und von einem großen, Rechteckchor ersetzt wurde. Das heutige Erscheinungsbild der Kirche im neoromanischen Stil, geht auf die zweite Hälfte des 19. Jh. zurück, als diese Stilrichtung die europäische Architektur prägte (wobei in Südtirol mit Ausnahme einiger Schlösser nur wenige Beispiele dafür existieren).
Von den Funden sind abgesehen von den römischen Münzen auch an die 50 mittelalterlichen Münzen zu erwähnen. Zu den interessantesten zählen eine Münze Friedrichs I., die zu den ersten Prägungen der Münzstätte Meran gehört, sowie Münzen aus Trient, Verona, Venedig und Mantua. Der Großteil davon kann in das 17. – 18. Jh. datiert werden. In allen Schichten fanden sich zahlreiche, mit Fresken bemalte Verputzfragmente. Zum Großteil handelt es sich um Malereien aus der Zeit zwischen dem Ende des 14. Jh. bis Anfang des 15. Jh.
Im Inneren der Kirche wurden einige Gräber aus unterschiedlichen Epochen und eine runde Grube mit einem Durchmesser von einem Meter freigelegt, die zum Gießen einer Glocke gedient hat. Am Boden der Grube fand sich noch der Lehmsockel für die Glocke, deren Größe exakt mit jener einer Glocke übereinstimmt, die heute noch im Turm hängt und aus dem Jahr 1671 stammt. Auf der Deponie, zu der das Aushubmaterial aus der Kirche vor Grabungsbeginn transportiert wurde, wurden noch einige Münzen, Freskoreste, Überreste von Glas- und Keramikbehältern sowie menschliche Skelettreste gefunden.
jw